Online-Diskussion

Die Marktrunde

Redaktion -

"Das Antibiotikum Geld wirkt nicht mehr."

In der Marktrunde im März äußerten Sich die Vermögensverwalter zur aktuellen Marktsituation, dem Helikoptergeld, Gold, Ihren Positionierungen und den Anlagealternativen für konservative Anleger.   

 

Regina Costello, Ars Pecuniae, Bonn

 

Allgemeine Situation

Wir sind in einem ZB-beeinflussten Umfeld wie in den 30er Jahren. Grundsätzliche Prämissen müssen über Board geworfen werden. Investoren müssen heute, im Kartenspiel würde man sagen, die Hände spielen, die ihnen gegeben werden. Wir sind eigentlich fundamental orientiert, bewegen uns jetzt aber auch nach technischen Kriterien, sehen uns das Momentum an, handeln kurzfristiger und riskoaffiner.

Wir sind kurzfristig vorsichtig optimistisch, sehen uns aber insgesamt im Umfeld einer Bärenmarktrally.  

Rücksetzer in Gold und Minenwerten nutzen wir, um aufzustocken. Aus Autos und Banken halten wir uns fern. Dividendenwerte sehen wir positiv. Die starke Vola des Marktes eröffnet ebenfalls Chancen.

Im Anleihenbereich sind wir extrem untergewichtet.

Der Ölpreis hat seine Tiefs wohl gesehen, wird unseres Erachtens nicht mehr unter 30 USDollar fallen. Unter 40 USDollar könnte es allerdings schon noch gehen.

 

Gold

Gold ist ein Thema bei negativen Zinsen. Und die Dynamik zwischen der Konkurrenz der Notenbanken wird nicht nachlassen, das bringt einen Zug zu Realwerten. Wir glauben, der Boden in Gold ist gefunden.

 

Stiftungen / Konservative Anleger

Stiftungen können über Genussscheine, einer Anlageform, die zwischen Anleihen und Aktien angesiedelt ist, nachdenken.

 Im Moment empfiehlt es sich auch, Cash bis zu 30 Prozent zu halten. Energieanleihen könnten interessant sein.

Entscheidend für die Auswahl auch der Anleihen: Man muss von der Aktienseite kommen. Und Stiftungen sollten daran denken: Es gibt nur Schwarz oder Weiß bei Anleihen. Entweder die Schuldner zahlen oder sie tun es nicht. Und für diese Fähigkeit ist kurz- und mittelfristig der Cahshflow eine ganz entscheidende Größe. Wir halten deswegen Anleihen mit maximalen Restlaufzeiten von sechs Jahren für bedenkenswert.

 __________________________________________________________________

 

Michael Dutz, Adlatus, Chemnitz

Zur Notenbankpolitik:

Draghi hat alles versucht, eine Inflation zu erzeugen. Das Helikoptergeld könnte ein Weg sein, den Draghi dann auch noch gehen muss – bis zum bitteren Ende.

Wir sind kurz- und mittelfristig eher optimistisch gestimmt. Die Wirkung der  Zentralbankpolitik, auch der jüngsten Maßnahmen, wird kommen.

 

Zur allgemeinen Lage

Es ist in der jetzigen Marktphase entscheidend, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Die Themen kommen und gehen. Beispiele sind etwa die  Deutsche Bank, Griechenland, der  niedrige Ölpreis, der übrigens letztes Jahr noch Segen war und heute Fluch sein soll. Die entscheidende Frage für uns lautet: Wo gibt es noch einen Ertrag? Da werden wir aus unserer Sicht gerade im Mai viel Freude haben, wenn die Berichtssaison beginnt und viele Unternehmen die Vorjahresergebnisse vorstellen. 

Wir sehen den Dax bei allen langfristigen Schwierigkeiten jenseits der 12.000 Punkte-Marke.

 

Stiftungsstrategie

Für konservative Anleger empfehlen wir einen Blick in Fremdwährungsanleihen: Die norwegische Krone, der Australdollar, der Neuseelanddollar. Da bestehen neben ordentlichen Zinserträgen gute Chancen auf zusätzliche Währungsgewinne. Wir halten Anleihen in Ländern mit geringen Verschuldungsquoten, also etwa im Australischen Dollar, der Norwegischen Krone oder dem Neuseeland-Dollar für ein Kerninvestment.

Der brasilianische Real ist ein eher negatives Beispiel. Er hat uns enttäuscht. Wer vor zwei Jahren da eingestiegen ist, um neun bis zehn Prozent Verzinsung zu realisieren, hat auf der Währungsseite vieles durchgemacht. Nach den vielen Schlägen ist jetzt aber wohl eher Freude zu erwarten. Für Stiftungen allerdings dürfte eine solche Spekulation eher nicht geeignet sein.

Für konservative Anleger sind auch defensive Mischfonds selektiv gut geeignet.

Auch offene Immobilienfonds, viele sind ja nicht mehr übrig – sind in der Größenordnung zwischen 10-15 Prozent eine denkbare Depotbeimischung für Stiftungen.

 ___________________________________________________

 

 

Bert Ardo Spelter, Geschäftsführer ICFB, Köln

Zur allgemeinen Lage

Wir sehen, dass sich gerade Vertrauen an den Märkten aufbaut. Parallel dazu bauen wir Positionen in defensiven Aktien aus.

Es handelt sich vielleicht um eine Bärenmarktrally. Die übergroße Liquidität sucht nach Anlage; das wirkt, wenn auch vielleicht nicht auf Dauer. Andererseits: Jetzt an der Seitenlinie zu stehen, halten wir für riskant. Man könnte dann zu viel verpassen und später gezwungen sein, wieder reinzugehen.

Ich gehe insgesamt eher davon aus, dass wir ein deflationäres Umfeld in den nächsten Jahren, vielleicht Jahrzehnten haben. Wir bekommen japanisches Umfeld mit weiter reichhaltiger Liquiditätsversorgung.

Wir sind übergewichtet in defensiven Sektoren  (Nahrungsmittel, Öl, Gold). Bei stark zurückgekommenen Werten sehen wir Erholungschancen, etwa bei VW.

In den Schwellenländern sieht es für uns nach einer Bodenbildung aus, die diese Märkte wieder interessant werden lässt.

 

Strategie für Stiftungen

Gute Nachranganleihen bieten ausreichende Ausschüttungen.  Auch Anleihen von Minenbetreibern könnten eine (begrenzte) Alternative für Stiftungen sein.

Wenn Stiftungen in den Immobilienbereich investieren wollen, halten wir Immobilienaktien gegenüber offenen Immobilienfonds für die bessere Alternative. Offene Immofonds haben im Moment die Schwierigkeit, gute Anlagen zu finden. Reits, also Aktien von Immobilieneignern, sind unsere bevorzugte Alternative im Immobereich. 

 Auch dänische Pfandbriefe können interessant sein. Die bringen im Langfristbereich noch drei Prozent.  

 

Währungen

Im Anleihenbereich haben wir Erholungen im Rubel und im brasilianischen Real erlebt.  Ein Regierungswechsel in Brasilien könnte zusätzlichen Schub verleihen. Auch Russland kann Schulden bedienen. So schnell gehen die nicht pleite, auch wenn sie von Ratingunternehmen abgestuft wurden. Ob Stiftungen aber auf solche Ereignisse spekulieren sollten?

_____________________________________________ 

 

 

Winfried Walter, Schneider, Walter und Kollegen, Köln

Zur allgemeinen Lage:

Die beiden Konjunkturlokomotiven China und USA stottern. Wir glauben, dass die Vola zunehmen wird, das ein Brexit und die US-Präsidentenwahl für zusätzliche Unruhe sorgen könnten. Wir sehen den DAX zwischen 8.000 und 10.200 Punkten. Die Korrektur ist noch nicht abgeschlossen.

Wir halten viel Kasse, picken damit Qualitätstitel wie zum Beispiel Linde.

 

Zur Notenbankpolitik

Wir sehen einen  Paradigmenwechsel bei der Notenbank. Das Antibiotikum Billiges Geld wirkt nicht mehr.

 

Zu Gold:

Die Währungen dieser Welt verlieren an Wert, weil Immer mehr geschöpft wird. Es könnte bald sein, dass nur noch der ältesten Währung der Welt vertraut wird, dem Gold. Zehn Prozent des Vermögens in Gold zu stecken, kann auch für Stiftungen durchaus sinnvoll sein.

_____________________________________________________

 

Volker Schnabel, Mack und Weise, Hamburg

Zur allgemeinen Lage:

"Wir befinden uns mitten in einer großen Bärenmarktrally. Wir haben noch nicht einmal die Ansätze der ganzen Korrektur gesehen. Aktionismus der Notenbanken hat Leute in Risiken getrieben, aus denen sie immer schwerer herauskommen. Das Vertrauen in die Notenbanken sinkt und wird noch weiter sinken oder gar zusammenbrechen. Wie weit das geht, wissen wir noch nicht. Es sind jedenfalls keine gute Aussichten.

Schulden sind massiv gewachsen. Liquidität im Markt darf nicht überschätzt werden. Wenn Liquidität plötzlich weg ist, dann bricht alles zusammen. Wir haben die größte Blase aller Zeiten geschaffen.  Ohne Verwerfungen gibt es da keine Korrektur. Wir sehen Volatilitäten in Währungspaaren, wie wir sie noch nie hatten. Wir sind nicht in Anleihen unterwegs. Dividenden sind unseres Erachtens ebenfalls nicht nachhaltig. Unsere Anlageideen ranken sich um Investments ohne Emittentenrisiko. Da bleiben Gold und Edelmetallminenaktien.   

Aktienpositionen halten wir nur im Edelmetallsektor (Jahrhundertchance) Alle anderen Märkte spielen keine entscheidende Rolle."

 

Alternativen für Stiftungen:

"45 Prozent des Anleihenspektrums notieren mittlerweile bei negativen Renditen. Das ist Irrsinn im Quadrat. 16 Milliarden Euro der europäischen Unternehmensanleihen notieren im negativen Bereich. Nur Anlagezwänge kann da ein Investment erklären. Einen vernünftigen ökonomischen Grund gibt es nicht.

Auch für Stiftungen sollten, solange es die Anlagerichtlinien hergeben, Investments in und um Gold bedenkenswert sein."

 

Zum Helikoptergeld:

"1871 wurde das Geldsystem auf Kreditgeld umgestellt. Heute sind die Staaten völlig verschuldet. Das geht nicht so weiter. Die Notenbanken sind außer Rand und Band. Das Geldsystem ist unser großes Problem. Gold hat kein Kontrahentenrisiko. Gold müssen alle besitzen.

EZB teilt Geld an die Bevölkerung. Die Leute nehmen das Geld und tragen es in die Läden. Die Läden sind dann leer und wir könnten sehr schnell Weimarer Verhältnisse bekommen. Wie kann ein Notenbanker sagen, das ist interessant? Da fällt mir nur ein, ihn um Rückzug zu bitten. Helikoptergeld ist marktzerstörend, zum Nachteil der Sparer, zum Nachteil der Gesamtwirtschaft.  Die EZB sorgt dafür, dass die Eurozone zusammenbleibt, die eigentlich nicht zusammengehört.  Das ist absurd."

___________________________________________________________

 

 

Gerd Häcker, Huber, Reuss und Kollegen, München

Zur allgemeinen Lage

"Bisher war die Notenbankpolitik der entscheidende Faktor der mittelfristigen Anlage. Die Nichtreaktion des Marktes auf die jüngsten Notenbankmaßnahmen zeigt, dass das  Vertrauen ind ei Allmacht der Notenbanken schwindet. Künftig werden Geopolitik und Konjunktur an Gewicht gewinnen. Da darf man nicht zu optimistisch sein. Im Fall von China sind Zweifel an deren Wachstumsstärke sehr bestimmend. Auch in den USA wachsen Zweifel an der positiven Einschätzung, vor allem nach der schwachen Lohnentwicklung und der Jobentwicklung, die vor allem und fast ausschließlich im Billiglohnsektor stattgefunden haben. Wir stellen auch einige Gewinnrevisionen fest. Unser Bild ist neutral bis defensiv.

Dividenden könnten noch einen – wohl eher kurzfristigen - Aufwärtsschub geben. Wir sind positiv für Immobilien, für defensive Sektoren wie Telekommunikation oder Nahrungsmittel.

Im Rentenbereich sehen wir Perspektiven bei US-Treasuries, nachdem die FED die Zins doch nicht wie zunächst erwartet, anhebt. In den nächsten Monaten wird sich die Spreu vom Weizen trennen und dann werden Risiken sichtbar werden, dass Firmen untergehen, die jetzt wegen der Liquidität überleben können. Wichtig ist: Man Keine Ausfälle im Rentenbereich riskieren."

 

Stiftungsstrategie:

"Im Anleihenbereich funktioniert aus den bekannten Gründen eine einfache Strategie, wie die in EuroStaatsanleihen mittlerer Laufzeit zu investieren, nicht mehr. Man muss auch als Stiftunge bereit sein, den Fokus weiter zu stellen, auch in weniger bekannten Bereichen des Finanzmarktes zu suchen. Das wichtigste dabei: Die Qualität muss stimmen. Qualität steht besonders in der gegenwärtigen Marktsituation über allem. Wir glauben, dass man auf der Suche nach Qualität auch in Bereichen suchen muss, in denen viele Stiftungen bislang nicht unterwegs waren. Es geht um Selektion, um einen Bottom up-Ansatz. Wir haben im Haus einen Spezialrentenfonds, mit dem wir diesen Ansatz umsetzen. In diesen Klassen muss ich mich Step by Step reininvestieren. Aus meiner Sicht kann man auch nicht mehr sagen: Wir suchen defensive Unternehmen. Defensive Unternehmen sind manchmal schon lange offensive Unternehmen geworden. Nehmen Sie nur den Karstadt-Fall oder Amazon. Klassische Kennzahlen reichen aus unserer Sicht auch nicht mehr aus, um Unternehmen einzuschätzen. Da kann ein heute teures Unternehmen die Zukunft gehören. Die großen Themen sind Technologie, extreme Niedrigpreis., Luxus., demografische Entwicklung.

Da geht es etwa um Investments in Nachranganleihen von Unternehmen, Banken und Versicherern. Wir glauben auch, dass man nach den letzten Verwerfungen auch im Nebenwerte-Bereich fündig werden kann. Wir investieren auch in US-Treasurys."  

Zu Gold

"Für Edelmetalle sind wir positiv gestimmt."

 _________________________________________________________

 


Die Marktrunde ist eine monatlich stattfindende Online-Diskussionsrunde von unabhängigen Vermögensverwaltern. Private Anleger können an den Diskussionen teilnehmen, Fragen stellen und online mitdiskutieren. Die nächste Veranstaltung findet am 27.4. um 17:30 statt. Mehr Informationen und Anmeldung. https://attendee.gotowebinar.com/register/4803961289011014146

 

Zum Mitschnitt: https://www.dropbox.com/s/mplg4cijcv5dsl3/2016-03-30%2017.31%20Marktrunde%20M%C3%A4rz.wmv?dl=0

 

 

Zurück