Interview mit Kay Behrmann zum Stand der IT

Eher eine Partnerschaft

Redaktion -

Kay Behrmann ist IT-Spezialist für die Vermögensverwaltung. Er hat lange in einer großen Kölner Vermögensverwaltung gearbeitet und berät nun mit seinem Unternehmen (vv.de) Häuser, die CRM- und/oder Portfolio Management-Lösungen suchen und effizient integrieren wollen. Vor kurzem ist Behrmann zum ersten Mal eine Kooperation mit einem Anbieter eingegangen. Der Private Banker sprach mit ihm über die (falschen) Vorstellungen der Vermögensverwalter und die Grenzen der Technik.

 

Private Banker: Wann braucht ein Vermögensverwalter ein eigenes CRM- und PM-System, Herr Behrmann?

Kay Behrmann: Typischerweise fangen Vermögensverwalter mit selbsterstellten Excel Sheets an, um Kundendaten zu sammeln und  Vermögensberichte zu erstellen. Zunächst nutzen sie auch das  Reporting und die Ordersysteme der Banken. Sie wachsen, passen ihre selbsterstellten Dateien an, bis Komplexität oder Datenvolumen irgendwann zum Bruch führen. Dann suchen die Verwalter nach neuen Möglichkeiten, ihre Kunden in einem CRM-Programm zu verwalten und sie suchen nach Portfoliomanagement-Programmen, die automatisiertes Reporting bieten, bequeme Kontrollfunktionen haben und ein Ordermanagement ermöglichen, das die alten FAX-Orders überflüssig macht.

 

PB: Wie lange brauchen die Verwalter bis sie diese lästigen Arbeiten dem Computer überlassen können?

KB: Hinter dieser Frage steckt die falsche Vorstellung, dass mit dem Kauf eines Systems die Probleme gelöst wären. Ich erlebe oft Vermögensverwalter, die nach einer langen Frustrationsphase sagen „jetzt nehmen wir Geld in die Hand für eine moderne IT“ und dann erwarten, dass nach der Installation alles wie am Schnürchen funktioniert. Das führt dann zu Enttäuschungen, weil zunächst noch mehr Probleme entstehen und viel Arbeit geleistet werden muss für Systemanpassungen, Konfiguration, Einarbeitung und die Umstellung der gewohnten Arbeitsprozesse. Und im Betrieb reift dann die Erkenntnis, dass diese Arbeit eigentlich nie endet, denn auch die besten Programme am Markt erfordern eine stetige Weiterentwicklung und Anpassung.

Ganz generell sollten Vermögensverwalter nicht den Fehler machen, den Kauf einer CRM-Programms oder eines Portfolio-Managementsystems als einmalige Anschaffung zu verstehen. Besser ist der Vergleich mit einer Partnerschaft, die man dann eingeht.

 

Was sind die häufigsten Fehler und Fehleinschätzungen?

Zunächst werden viele enttäuscht, weil sie längst nicht alle gewachsenen und schönen Features aus den Eigenbauten, aus ihrer Excel-Tabelle mitnehmen können. Ich hatte gerade einen Kunden, der es gewohnt war, für jede Position in einer Zeile den Einstandskurs, die Aufwendungen und Erlöse, also etwa Dividenden und Zinsen und den aktuellen Wert aufzuführen. Das war bei Excel möglich, mit einem der am Markt gängigen Standard-Programme aber nicht. Um das Reporting zu automatisieren, mussten an dieser Stelle Kompromisse gefunden werden.

Eine häufige Fehleinschätzung betrifft die Schnittstellen. Ich kenne kein System, das vollständige Datenübernahme über Schnittstellen bietet, also auch Splits, Spin Offs, Kapitalerhöhungen oder so etwas fehlerfrei aus unterschiedlichen Quellen verarbeitet. Fonds-Thesaurierungen werden nirgendwo vollständig und steuerlich korrekt automatisch verarbeitet. 

 

Sind das die Fehler der Programme oder die Banken, die die Daten liefern?

Häufig sind es auch die Banken. Nehmen Sie das Beispiel der Ermittlung der Abgeltungssteuer.  Die allermeisten Banken schaffen es nicht, alle nötigen Daten über die Schnittstelle mitzuteilen. Viele liefern nur einen Durchschnittseinstandskurs, wenn mehrere Transaktionen in einem Wertpapier durchgeführt wurden. Ebenso fehlen oft Wechselkurse bei Käufen etwa im Dollarraum. Steuertöpfe werden nach anderen Prinzipien geführt und und und.  Da kommt es fast immer zu Differenzen zwischen Bank und Vermögensverwaltung und das geht aus Sicht des Kunden zulasten der Vermögensverwaltung. Die Bank hat immer Recht, denn mit Abführung der Abgeltungssteuer hat sie die Macht des Faktischen auf ihrer Seite. 

 

Klagen gab es in unserer Befragung auch über das Ordermangement

Ein trauriges Kapitel. Jede Bank hat ihre eigene Methode, Orders von Verwaltern entgegen zu nehmen. Einige bieten eine Schnittstelle, einige bieten eine Webseite wie im privaten Online-Banking und einige arbeiten mit Orderformularen per Fax. Unabhängige Vermögensverwalter, die Depots bei verschiedenen Banken verwalten, haben deshalb keinen einheitlichen Orderweg und müssen langsam und fehleranfällig manuell arbeiten. Die Abwicklung von Block- und Sammelorders, die Voraussetzung für Standardisierung und Automatisierung wären, gibt es nur punktuell. Eine Standard- Vermögensverwaltung lässt sich meines Wissens bislang nirgendwo vollständig elektronisch umsetzen und bankübergreifend abwickeln.  

 

Wer braucht eigene professionelle Systeme?

Die Frage muss jeder Verwalter für sich beantworten. Sie hängt vom Leidensdruck ab, von der Anzahl der Partnerbanken und  der Kunden, der Größe und Komplexität des verwalteten Vermögens, der Transaktionshäufigkeit und der Ansprüche an die eigene Arbeitsweise. Regulatorische Anforderungen etwa durch MiFID-II erhöhen den Druck sicher zusätzlich.

 

Ist CRM- oder ein Portfolio-Management-Programm wichtiger.

Auch das kann man nur im Einzelfall entscheiden. Häufig wünscht man sich ein besseres Reporting, eine automatisierte Depotkontrolle und kommt zum Portfoliomanagement-Programm. Andererseits sind CRM-Programme wichtiger geworden, seitdem die rechtlichen Anforderungen an die Beratung und Verwaltung höher und komplexer sind. Nicht umsonst bietet der VuV für seine Mitglieder ein CRM-System an. Wir haben bei uns im Haus ebenfalls ein CRM-Programm auf die Bedürfnisse der Vermögensverwalter angepasst.

 

Was kosten CRM-Programme  

Da gibt es eine breite Spanne von null bis mehrere tausend Euro pro Arbeitsplatz. Die Lizenzkosten sind aber nur ein Teil. Natürlich verursachen auch Programme, deren Lizenz frei zu haben ist, ich denke etwa an Sugar-Open Source, immer auch andere Kosten. Denken sie allein an den Aufwand für Installation und Datenmigration. Als Größenordnung kann man grob von einmaligen Kosten in Höhe von 1000,- Euro pro Arbeitsplatz ausgehen. Individuelle Wünsche bei der Einrichtung, Übernahme von Daten aus Altsystemen und Einarbeitung der Mitarbeiter können zusätzlich Zeit und Geld kosten. Nach den Erfahrungen mit unserem cobra CRM für Vermögensverwalter brauchen wir etwa zwei Tage Einrichtungszeit für ein Haus mit fünf bis zehn Arbeitsplätzen, dann kann mit dem System gearbeitet werden. Und an jährlichen Kosten sollte man mit rund 15% der ursprünglichen Lizenzkosten rechnen.

 

Und die Kosten für Portfoliomanagement-Systeme?

Auch die fangen bei null an, wenn die von den Depotbanken angebotenen Funktionen ausreichen, und sind nach oben hin offen. Tendenziell sind die Portfoliosysteme sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb teurer als CRM-Systeme. Außerdem gilt hier meist noch stärker, dass nicht die einmaligen Lizenzkosten ausschlaggebend sind, sondern Konfiguration, individuelle Anpassung, Support sowie laufende Pflege und Weiterentwicklung.

 

Empfehlen sie eher spezialisierte Programme oder eher ein integriertes Programm?

Die Systeme, die Portfolio- und CRM-Funktionen integrieren, kommen in der Leistungsfähigkeit nicht an die spezialisierten Einzelsysteme heran. Es wird aber daran gearbeitet, und mit der Zeit werden die Lösungen besser. So lange die Funktionalität nicht reicht, werden Schnittstellen zwischen den Systemen gebaut, um beide in Kooperation zu betreiben. Dadurch kann beispielsweise ein Vermögensbericht aus dem Portfoliosystem die aktuelle Adresse aus dem CRM nutzen, oder umgekehrt das CRM-System in der Kundenansicht den letzten Vermögensstand anzeigen.

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