Die IT-Kolumne

Fintechs

Kay Behrmann -

von Kay Behrmann, Geschäftsführer der vv.de Finanzdatensysteme GmbH

Inzwischen ist es soweit, dass manche es nicht mehr hören können. Das Image der Fintech-Unternehmen hat gelitten, ganz klar. Passen Sie also auf, in der nächsten Gesprächsrunde gilt das Thema FinTech nicht mehr uneingeschränkt als cool, und mit Neuigkeiten aus der Szene stoßen Sie vielleicht eher auf genervtes Augenrollen statt auf faszinierte Zuhörer. Es dauert nicht mehr lang, dann wird FinTech zum Schimpfwort.

 

Das liegt zum einen an einigen medienwirksamen Mißerfolgen. Mit click&buy und Yapital sind gerade zwei  bekannte Firmen der FinTech-Szene gescheitert, beide hatten sich als Bezahldienst versucht. Mit Gelondo ging auch ein Anlageportal unter. Einer der Gründer hat den Untergang anschließend so anschaulich im Web erläutert, dass er dadurch genau die Klicks bekam, die vorher fehlten. Und nicht zuletzt hat Branchenstar Rocket Internet es geschafft, nach dem Börsengang vor gut einem Jahr den eigenen Börsenwert schneller zu halbieren als die Deutsche Bank.

 

Zum anderen hat momentan niemand wirklich Lust auf Revolution. Zahlungsverkehr, Geldanlage oder Kreditgeschäft laufen seit jeher auch ohne mobile-App, Robo-Advice und Crowdfunding. Wenn neue Angebote keinen offensichtlichen Zusatznutzen bieten, können Kunden erstmal abwarten. Das tun sie dann auch, denn die Hemmschwelle zur Nutzung eines neuen Unternehmens in persönlichen Finanzfragen ist hoch. Und so bleibt alles beim alten. Das ist den etablierten Banken nur recht, denn die haben gerade andere Sorgen: Im Zinsgeschäft ist nichts mehr zu verdienen, im Provisionsgeschäft der Konkurrenzkampf hart, und die Regulierung wird zunehmend strenger. In vielen Banken wird intern kräftig umstrukturiert, viel Kraft für Innovation bleibt da nicht mehr übrig.

 

Das gilt übrigens auch für die externen Berater. Jemand mit Knowhow in den Bereichen Bank-IT,  Zahlungsverkehr oder Wertpapierabwicklung hat gute Voraussetzungen zur Beschäftigung bei einem FinTech-Unternehmen. Aber dieses Wissen ist in den Regulatorik-Projekten der etablierten Banken ebenfalls begehrt. Wegen gesetzlicher Pflicht zur Umsetzung kann hier nicht gespart werden, also sind Fachleute knapp und Tagessätze attraktiv. Auch das ist ein Grund, warum so viele FinTechs nicht fliegen: Die guten Leute sind weg. Sie arbeiten nicht an Innovationen, sondern sind Vergraben in Projekten, um neue Anforderungen der Aufsichtsbehörden ESMA und BaFIN zu befriedigen.

 

Das bremst nicht nur die Modernisierung nach außen, sondern auch nach innen. Wer also inzwischen allergisch auf das Thema FinTech reagiert, ist vielleicht nur ein geplagter Mitarbeiter eines Finanzinstituts, der sich an viel grundlegenderer Stelle einen einfachen IT-Fortschritt  wünscht. Dinge wie elektronische Order statt Fax und Telefon, Kundendaten einheitlich in einem System, statt verteilt auf CRM, Buchhaltung, Portfoliosystem und Excel, oder so schöne Dinge wie eine Performanceberechnung mit korrekter Berücksichtigung der Abgeltungssteuer.

 

Paradoxerweise ist der Innovationsstau aber auch gerade der Nährboden für FinTech-Unternehmen. Wenn Sie also eines aufbauen möchten, müssen Sie drei Dinge tun: Erstens bezeichnen Sie sich auf keinen Fall als FinTech. Zweitens finden Sie ein Geschäftsmodell mit echtem Zusatznutzen, einschließlich der Fachleute, die es bauen, und der Investoren und Kunden, die es bezahlen. Und drittens halten Sie so lange durch, bis in der Finanzwelt wieder genügend Bereitschaft für Veränderungen aufkommt. Nach meine Prognose wäre es etwa so weit, wenn niemand mehr das Wort „Finanzkrise“ in den Mund nimmt und der Börsenwert der Deutschen Bank sich wieder verdoppelt hat .

 

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