Die App- Kolumne

MiFID II – Erste Erfahrungen aus der „neuen Welt“

Redaktion -


Die Vorgaben aus der MiFID II sind nun seit dem 03. Januar 2018 in Kraft. Im Private Banking und Asset Management sind die ersten Wochen auf Grund neuer Prozesse und Dokumente nicht überall rund angelaufen. Grund hierfür ist, dass die Umsetzung ein Zusammenspiel vieler Beteiligter wie Produktemittenten, KVGs, Depotbanken, Vermögensverwalter, Berater, Vermittler und Verbände sein musste. Auf Grund teilweise nur sehr kurzfristig erlangter Klarheit bei den Vorgaben wurde vieles mit heißer Nadel gestrickt und in letzter Minute, oder auch danach, fertiggestellt. Mancher Beteiligte wollte sich auch bis zuletzt nicht in Karten sehen lassen. Nun, da sich der Nebel langsam verzogen hat und zunehmend eine Umsetzungs-Transparenz ersichtlich wird, kann eine erste Ex-Post-Einschätzung vorgenommen werden.
Kritische Themenbereiche
Erforderliche Verträge mit Kooperationspartnern (Vertragsanpassungen oder Neuverträge) sind soweit ersichtlich größtenteils erfolgt. Themen sind hier vielfach Änderungen bei Vergütungen/Vergütungsmodellen, Research-Versorgung, Aufzeichnungs-/Dokumentationssysteme, Transaktionsreporting und Verträge mit Softwareanbietern. Zu beobachten ist, dass die Unternehmen auf Grund knapper Fristen Verträge oft kurzfristig und ohne wirkliche Alternative abschlossen bzw. abschliessen mussten. Dies erlaubte oft nur geringen Verhandlungsspielraum gegenüber dem Dienstleister. Kleinere Marktteilnehmer fühlten sich oft unter Druck gesetzt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Dies betrifft insbesondere auch die Konditionen.
Ggf. notwendige Vertragsanpassungen mit Kunden sind soweit ersichtlich häufig noch nicht vollständig umgesetzt. Grund ist, dass die Unternehmen entsprechende Vorlagen von externen Stellen als Basis nutzen möchten und deren Bereitstellung abgewartet haben. Die Vorlagen wurden vielfach nur mit sehr knapper Frist vorgelegt. Da auch die Umsetzung mit dem Kunden zeitintensiv ist und ebenfalls eines gewissen Vorlaufs bedarf, ist hier bei vielen Finanzdienstleistern noch einiges an Arbeit offen.
Im Hinblick auf die fachlichen Herausforderungen kann beispielhaft das Thema Kostentransparenz genannt werden. Je nach Geschäftsmodell sind äußerst heterogene Umsetzungsvarianten zu beobachten. Diese reichen von detaillierten produktspezifischen Betrachtungen bis hin zu sehr generischen Ansätzen. In einigen Fällen bieten die Informationen durchaus einen Mehrwert für die Kunden und können sehr wohl als positives Differenzierungsmerkmal eingesetzt werden. In vielen Fällen dürfte die Verwirrung der Kunden aber eher zu- als abnehmen. Es bleibt abzuwarten, ob in den besonders generischen Fällen das Ziel der Transparenz nicht ad absurdum geführt ist und wie sich die Aufsicht hierzu stellt. Bei dem ungeliebten Thema der Beratungsdokumentation ist festzustellen, dass das bisherige Beratungsprotokoll erstaunlicherweise vielfach in wenig verändertem Umfang in der stattdessen nun zu erstellenden Geeignetheitserklärung weiterlebt, obwohl die
aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Geeignetheitserklärung deutlich schlanker
ausgestaltet sind.
Würdigung bei Prüfungen in der „Übergangszeit“ zu MiFID II
Zunächst ist festzuhalten, dass es eine „Übergangszeit“ nicht gibt. Die neuen Anforderungen
gelten ab dem 03.01.2018. Gleichwohl hat die BaFin erkannt, dass es einigen Unternehmen
vor dem Hintergrund des signifikanten Umfangs der MiFID II-/MiFIR-Anforderungen unter
Umständen nicht möglich sein wird, alle Anforderungen fristgerecht umzusetzen. Die BaFin
hat gegenüber den Unternehmen geäußert, dass sie eine "Aufsicht mit Augenmaß"
praktizieren werde.
Demgegenüber hat die BaFin aber auf eine Anfrage aus Prüferkreisen, ob eine Prüfung mit
Augenmaß erfolgen könne, im Dezember 2017 ihre Erwartung geäußert, dass in den
Prüfungen (mit Berichtszeiträumen über den 02.01.2018 hinaus) ein vollständiges Bild über
die Umsetzung und Einhaltung der neuen Vorgaben gezeichnet wird. Den Prüfern komme
nach Meinung der BaFin kein besonderes Ermessen zu, die Umstände des Einzelfalls bei der
Prüfung der Umsetzung „mildernd" oder „wohlwollend“ zu berücksichtigen und von
etwaigen Feststellungen abzusehen.
Es bleibt vor diesem Hintergrund zu hoffen, dass alle Beteiligten verantwortungsvoll mit
dieser Situation umgehen.

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