Artikel 8 oder Artikel 9?

Nachhaltigkeitsversprechen die einhaltbar sind
Problematik: Regulatorisch fehlende Eindeutigkeit
Die aktuell noch teils ungenauen Vorschriften auf nationaler und EU-Ebene zu nachhaltigen Geldanlagen öffnen Einfallstore für konventionelle Fondshäuser, einigen Produkten einen grünen Anstrich zu verpassen, ohne die notwendige transformative Leistung zu vollziehen, die eine Nachhaltigkeitskommunikation ausreichend begründen würde.
Die EU-Kommission hat mit ihren im Juli 2021 veröffentlichten Q&A zur SFDR[1] für eine klare Abgrenzung zwischen Finanzprodukten gesorgt, die Art. 8 und Art. 9 der SFDR zuzuordnen sind. Bei Finanzprodukten mit Art. 8 Status geht es um die «Transparenz bei der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale.»2 Ein Art. 8 Produkt ist somit zunächst ein Produkt, das sich mit Nachhaltigkeit assoziiert – sei es über den bloßen Produktnamen («ESG-Fonds») oder durch werbliche Beschreibungen. Nicht erforderlich ist, dass ein Art. 8 zugeordneter Fonds eine konkrete «nachhaltige Investition» im Sinne der SFDR tätigt. Diese Vorgabe gilt nur für Art. 9 Fonds und erklärt, wieso die großen Asset-Management-Gesellschaften entschieden haben, nur wenige Fonds aus ihrem Produktsortiment in die Art. 9 Kategorie einzuordnen. Sofern KundInnen den Wunsch an einer nachhaltigen Investition äußern und daraufhin lediglich Art. 8 Produkte seitens des Vermittlers Berücksichtigung finden, kann dies zur Folge haben, dass die Erwartungshaltung des Kunden nicht zufriedengestellt wird. Denn der Kunde verspricht sich möglicherweise mit seiner Investition auch, eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Infolge dessen muss auch auf Seiten von Finanzberatern mit zukünftigen Reputationsrisiken gerechnet werden.
Darüber hinaus werden nachhaltige Produkte nach der ausgearbeiteten MiFID-Zielmarkt-Definition ab Mitte 2022 gesetzliche Mindestausschlüsse im Sinne der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen (PAI) vorweisen müssen. Diese Berücksichtigungen bergen große Herausforderungen für Finanzberater, da sie zukünftig diese gesetzlich geforderten Merkmale mit der SFDR und dem Kundenwunsch in Balance bringen müssen.
Gefahr von Reputationsrisiken durch falsch gekennzeichnete Wirkungsversprechen
Obgleich aktuell noch nicht absehbar ist, ob der Verdacht des Greenwashings sich verhärten wird, steht heute schon fest, dass viele der breit aufgestellten Asset Manager für Produkte Werbung platzieren, die als beschönigende, umweltfreundliche Kommunikation dargestellt wird, jedoch stets so, dass es noch keine Lüge ist, die justiziabel wäre. Die Beimengung nachhaltiger Produkte zu einem sonst fremden Kerngeschäft ist damit einmal mehr als problematisch anzusehen und die Resultate der jüngst veröffentlichten Mystery-Shopping-Tour von Greenpeace aus der Schweiz bieten den dazu passenden Beleg: In 43 Beratungsgesprächen bei 19 großen Banken wurde explizit nach klimaverträglichen Produkten gefragt. In rund 23 Prozent der Gespräche wurde ein Produkt empfohlen, welches dieser Präferenz genügen solle, keines davon konnte sich jedoch gemäß vorher angefertigtem Kriterienkatalog als solches qualifizieren.
Erfolgreich abseits des Mainstreams
Ausschließlich Nachhaltigkeitsfonds basierend auf Art. 9 der Offenlegungsverordnung müssen darlegen, wie nachhaltige Investitionen angestrebt werden. Die EU-Kommission legt das Merkmal „Anstreben“ dabei im Übrigen radikal eng aus. Ein Finanzprodukt soll nur dann als Art. 9 Produkt anerkennungsfähig sein, wenn es ausschließlich „nachhaltige Investitionen“ tätigt. Faktisch hat damit Art. 9 der SFDR die Wirkung einer inhaltlichen Produktregulierung – auch wenn die Vorschrift formal nur eine Transparenzvorgabe macht.
Es könnte sich als lohnenswert erweisen, Produkte abseits des Mainstreams zu suchen, die diesen Ansprüchen durch einen konsequenten Nachhaltigkeitsansatz und Nachhaltigkeit als Grundgedanken im Geschäftsmodell gerecht werden können.
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Ethius Invest Schweiz:
Die Ethius Invest Schweiz ist ein ethisch-nachhaltiger Vermögensverwalter. Der deutsche Ethius Global Impact Fonds bietet Aktienanlagen mit ethischen, sozialen und ökologischen Zielsetzungen im Einklang mit ökonomischen Investmentprinzipien. Der Fonds strebt eine nachhaltige Investition im Sinne des Art. 9 der Offenlegungs-Verordnung an.
[1] Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/sfdr_ec_qa_1313978.pdf.