Sicherheit

Notfallplan für Unternehmerfamilien

Gastautor -

Von Christian Schaaf, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Corporate Trust – Business Risk & Crisis Management GmbH

Erfolgreiche Unternehmer*innen sind nicht nur engagiert in ihrem Business und schaffen Arbeitsplätze, sie sind meist auch überregional aktiv und stehen häufig im öffentlichen Interesse. Wenn sie als wohlhabend oder gar vermögend eingestuft werden, geraten sie damit leicht ins Visier von Kriminellen. Vor allem, wenn die Unternehmen bereits über mehrere Generationen in Familienhand sind oder der Unternehmensname gleich dem Familiennamen ist, erhöht sich ihre Sichtbarkeit für potenzielle Täter. Unternehmer werden daher häufig zum Ziel krimineller Angriffe, weil sich die Täter einen Teil des Kuchens abschneiden wollen.

Die Risiken für vermögende Personen sind dabei vielfältig, sei es ein Einbruch oder Überfall, eine Bedrohung, Erpressung oder gar Entführung. Durch die zunehmende Digitalisierung kommen noch Gefahren wie Hackerangriffe, Identitätsdiebstahl, Cyber-Stalking oder ein Reputationsverlust durch die Offenlegung vertraulicher Informationen hinzu. Während es in Unternehmen meist Verantwortliche für Risikomanagement oder Business Continuity Management gibt, die sich professionell um die Vorbereitung auf mögliche Bedrohungen kümmern, haben viele Unternehmerfamilien keinen Notfallplan.

Das persönliche Sicherheitsmanagement für Familien sollte sowohl präventive Vorkehrungen als auch einen Notfallplan für gravierende Ereignisse enthalten. Prävention ist dabei die wichtigste Voraussetzung, um kriminelle Übergriffe zu verhindern. Allerdings können auch die besten Schutzmaßnahmen nicht zu 100 Prozent verhindern, dass es zu einem Extremfall kommt. Daher ist es wichtig, soweit vorbereitet zu sein, dass ein Super-GAU verhindert wird.

Kommt es zu einem Vorfall, kann es selbst gestandenen Unternehmern passieren, dass sie mit der Situation überfordert sind. Gerade in den ersten Minuten ist es wichtig, die Lage schnell und professionell einzuschätzen, besonnen zu reagieren und die richtigen Erstmaßnahmen zu treffen. Hier geht oft wertvolle Zeit verloren und falsche Entscheidungen sind später meist nur schwer zu korrigieren. Ein Notfallplan regelt die Basics: Dazu gehören Checklisten für wichtige Erstmaßnahmen, die Benennung von Verantwortlichen, ihre Erreichbarkeiten sowie Standardabläufe bei bestimmten Herausforderungen.

Was tun bei einer Entführung, Erpressung oder einem Hackerangriff, wenn die erste Forderung der Täter lautet: „keine Polizei“? In Deutschland besteht ein hohes Vertrauen zu den Behörden. Hier würde man vermutlich trotzdem die Polizei sofort informieren. Was aber, wenn es sich um einen Vorfall im Ausland handelt, weil sich Kinder bei einem Studium dort aufhalten oder bei einer Geschäftsreise etwas schiefgelaufen ist? Dann muss man beurteilen, wo man mit den Behörden zusammenarbeiten kann und wo es besser ist, sie nicht mit ins Boot zu holen.

Auch die Frage, was tun, wenn der Unternehmer selbst von einer Entführung betroffen ist, stellt für viele Angehörige eine Herausforderung dar. Wer in der Familie kann dann weitreichende Entscheidungen treffen? Dies sollte im Idealfall bereits frühzeitig festgelegt sein, so dass der Krisenstab professionell reagieren kann.

In einem Notfallplan sollten nicht nur mögliche Bedrohungen und Risiko-Szenarien enthalten sein, sondern auch die Erreichbarkeiten von Verantwortlichen in einem Notfall- oder Krisenstab: wer wann wie alarmiert wird; wie die Kommunikation zu Behörden und Medien erfolgt; und auch, wie der Zugriff auf Finanzmittel geregelt ist, wenn es z.B. um die Zahlung von Lösegeld geht.

Gerade bei der Kommunikation können gravierende Fehler passieren. Wenn ein Vorfall öffentlich wird, sollte es nur einen einzigen Kommunikator zu den Medien geben. Dies verhindert, dass unterschiedliche Aussagen kursieren oder versehentlich Details ausgeplaudert werden, die aus ermittlungstaktischen Gründen noch geheim bleiben sollten.

Auch bei der Entscheidung, wer mit möglichen Tätern verhandelt, werden oftmals Fehler begangen. Familienmitglieder sind in der Regel emotional sehr stark involviert. In so einem Zustand ist es schwer, kühle und rationale Gespräche zu führen bzw. mit den Tätern zu taktieren. Daher sollten solche Verhandlungen von Profis geführt werden. Die erste Lösegeldforderung bei einer Entführung oder Erpressung ist von den Tätern erstmal nur ein Antesten, was möglich ist. Darauf sofort einzusteigen und zuzustimmen, wäre ein großer Fehler. Täter können dann leicht das Gefühl bekommen, dass sie zu wenig verlangt haben und treiben den Betrag immer weiter nach oben. Damit könnte das Martyrium des Opfers nur unnötig verlängert werden.

Kriminelle Übergriffe passieren häufig außerhalb der üblichen Bürozeiten. Bei einem Notfall ist es daher wichtig, rund um die Uhr (24/7) erfahrene Sicherheitsspezialisten erreichen zu können. Dafür gibt es sogenannte Krisenhotlines. Die Berater wissen, was zu tun ist, ob und wann man die Behörden einschalten sollte, und sie können auch die Verhandlungen übernehmen.

Im Rahmen eines Notfallplans sollten auch persönliche Dossiers zu jedem Familienmitglied erstellt werden. Darin sind nicht nur die Blutgruppe, individuelle Narben oder dringend benötigte Medikamente aufgeführt, sondern auch häufig getragener Schmuck (Bilder), die Nummern von Mobiltelefonen (IMEI und IMSI) sowie ggf. das DNA-Profil. Damit kann man die Ermittlungsbehörden möglichst schnell mit Informationen versorgen, um bei der Aufklärung zu unterstützen.

Wesentlicher Bestandteil eines professionellen Sicherheitsmanagements für Unternehmerfamilien ist neben dem Notfallplan die Prävention, damit möglichst erst gar nichts passiert. Dazu gehören folgende Punkte:

  • Sichtbarkeitsanalyse und regelmäßige Darknet-Recherche
  • Einrichten von Auskunftssperren
  • Objektsicherheit
  • Private IT-Sicherheit
  • Background-Checks zu Hausangestellten
  • 24/7-Krisenhotline
  • Schulung zum sicherheitsgerechten Verhalten
  • Voraufklärungskonzept
  • Personenschutz-App

Im ersten Schritt ist es z.B. wichtig, erstmal einen Überblick zu bekommen, welchen digitalen Fußabdruck die Familie im Internet hinterlässt. Je sichtbarer man ist, umso leichter fällt es potenziellen Tätern, das Lebensprofil auszubaldowern und sich auf ihren Coup vorzubereiten. Daher sollten z.B. Auskunftssperren für Einwohnermelde- und Kfz-Daten eingerichtet werden, um es Angreifern möglichst schwer zu machen, sich über den Wohnort vorab zu informieren.

Neben hohen Standards bei der mechanischen und elektronischen Sicherung von Wohn- und Ferienimmobilien ist es auch wichtig, sich um die private IT-Sicherheit zu kümmern. Gerade Smart Home Geräte oder Wearables (z.B. Fitnesstracker etc.) sind oftmals angreifbar oder können leicht Infos über den Aufenthaltsort an Unberechtigte liefern.

Ein vernünftiger Notfallplan für Unternehmerfamilien sollte daher beides enthalten, sowohl die präventiven Maßnahmen als auch die Vorbereitung für einen möglichen worst case.

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