App-Audit Studie 2020

Bilanzqualität unabhängiger Vermögensverwalter

Gastautor -

Ertrags-, Vergütungs- und Kostenstrukturen sowie Stresstest-Auswirkungen bei unabhängigen Vermögensverwaltern

 

Überblick

Die aktuell im sechsten Jahr durchgeführte Studie analysiert Ertrags-, Vergütungs- und Kostenstrukturen unabhängiger Vermögensverwalter. In die Studie wurden mehr als 200 Unternehmen einbezogen. Zusätzlich wurden die Ergebnisse in einen Mehrjahreskontext gestellt, der auch eine Analyse längerfristiger Trends ermöglicht. Hierbei wurde ein Datenbestand verwendet, der Jahresabschlussinformationen für teilweise mehr als 10 Jahre enthält. Im Ergebnis mussten im Betrachtungszeitraum die Vermögensverwalter insgesamt einen Rückgang ihrer Provisionsüberschüsse hinnehmen. Dies war vor allem auf die negative Entwicklung der Aktienmärkte weltweit in dem betrachteten Jahr zurückzuführen. Hiervon waren die kleineren Vermögensverwaltungen gegenüber den größeren tendenziell weniger stark betroffen.

 

Vergleicht man die Entwicklung zum Vorjahr, so ist ersichtlich, dass die zehn größten Unternehmen bezüglich des relativen Gesamtanteils leicht zu Gunsten der Gruppe der mittelgroßen Institute eingebüßt haben.

 

Provisionserträge

Die zehn führenden Vermögensverwalter erwirtschaften den überwiegenden Anteil der Provisionserträge. Zieht man für die Analyse den Markttrend der unabhängigen Vermögensverwalter auf Basis der Jahre 2007 bis 2018 und anhand der erzielten Provisionsüberschüsse heran, so zeigt sich, dass im Betrachtungsjahr der stärkste Einbruch seit Jahren zu verzeichnen war.

 

 

Mitarbeiterproduktivität: Provisionserträge je Mitarbeiter

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass im Wesentlichen die Verwaltung großer und/oder institutioneller Vermögen die Ertragskraft je Mitarbeiter signifikant positiv beeinflusst. So erzielen die Top Ten Vermögensverwalter teilweise ein Mehrfaches an Provisionserträgen je Mitarbeiter als die der kleinsten Gruppe von Unternehmen.

 

Cost-Income-Ratio (CIR): Nachhaltiger Trend unterbrochen

Eine Analyse im Mehrjahresvergleich lässt folgende Tendenz der durchschnittlichen CIR über alle betrachteten Unternehmen hinweg erkennen: Die CIR hat sich sowohl im Durchschnitt aller Unternehmen als auch bei den Top Ten in den vergangenen Jahren, mit Ausnahme der Jahre 2016 und 2018, stetig verbessert und erreichte in 2017 mit rund 34% (Top Ten) bzw. 50% (Grundgesamtheit) den bislang besten Wert, hat sich allerdings in 2018 wieder mit rund 47% (Top Ten) bzw. 66% (Grundgesamtheit) deutlich verschlechtert.

 

Krisenszenarien: Stress-Szenario belastet Jahresergebnisse erheblich

Im Rahmen der Studie wurde unter anderem analysiert, wie sich verschiedene Kennzahlen entwickeln könnten, sollten die Provisionserträge nachhaltig um 20% zurückgehen. Ergebnis eines solchen Ertragsschocks kann im Extremfall sein, dass die regulatorisch erforderliche Eigenkapitalquote unterschritten wird. Gemäß Capital Requirement Regulation der Europäischen Union sind Finanzdienstleistungsinstitute generell dazu verpflichtet, Eigenmittel vorzuhalten, die mindestens 25% der Gemeinkosten decken (Eigenmittel-Kosten-Relation). Zu beachten ist dabei, dass auf Grund von Restriktionen bei den verfügbaren öffentlichen Daten im Rahmen des nachfolgend dargestellten Szenarien verschiedene kompensatorische Effekte und Maßnahmen wie z.B. der Wegfall variable Vergütungen und sonstige gegenläufige Maßnahmen nicht berücksichtigt werden konnten. Insgesamt müssten im Einzelnen eine Mehrheit der betrachteten Unternehmen, nämlich 154 Anbieter bzw. 70% der betrachteten Unternehmen im Rahmen des Stressszenarios mit einem Jahresverlust rechnen, wobei der Anteil der „Verlust“-Unternehmen mit sinkender Unternehmensgröße jeweils steigt.

Gerade in Krisenzeiten ist es durchaus relevant, bis zu welchem Level von Stressbelastung es den Unternehmen möglich ist, weiterhin profitabel zu wirtschaften. In der nachfolgenden Darstellung wurde zusätzlich das Ausmaß des Stresses variiert. Die Übersicht soll aufzeigen, inwieweit das Ausmaß des Stresslevel die Anzahl profitabler Unternehmen verringert. Es zeigt sich, dass die Mehrheit der Unternehmen gerade solide genug aufgestellt ist, um ein wirtschaftlich weniger lukratives Jahr von knapp 10% weniger Provisionserträgen dennoch mit einem Gewinn abzuschließen. Die Daten zeigen jedoch auch, dass eine Überschreitung dieser kritischen Hürde jedoch schnell zu einem signifikanten Anstieg der Anzahl von Unternehmen mit negativen Geschäftsergebnissen führt.

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