Kommentar

Einerlei und Allerlei

Elmar Peine -

Einerlei und Allerlei

Den Privatbanken fehlt der Mut zur Fokussierung

Wer sich lange und intensiv mit dem Markt der Private Banking-Anbieter beschäftigt, stellt fest: Der Kunde trifft auf ein großes Einerlei und Allerlei. Nur wenige Banken machen durch ein Alleinstellungsmerkmal – dem sog. USP (Unique Selling Point) – auf sich aufmerksam und ragen damit aus dem Meer an undifferenzierten Angeboten heraus. Für den interessierten Private Banking Kunden ist es angesichts des breiten Angebots an Vermögensverwaltern, Privat- und Universalbanken ausgesprochen schwierig, den richtigen Finanzdienstleister zu finden. Die FUCHS | RICHTER Prüfinstanz hat in ihrem aktuellem Markttest TOPS 2022 auch eine Analyse der Alleinstellungsmerkmale vorgenommen und dieser ein eigenes Kapitel gewidmet.

Ein „Höchstmaß an Unabhängigkeit“ ist eine der gängigen Floskeln, die in beinahe jeder Imagebroschüre und auf so ziemlich jeder Webseite zu finden ist. Eine weitere: „Maßgeschneiderte Strategien und Anlagevorschläge“. Oder: „Das Beste aus zwei Welten“ – immer dann zu lesen, wenn eine Privatbank von einer Großbank übernommen wurde oder ein Zusammenschluss mehr oder oft weniger freiwillig stattfand. Dann machen die Häuser aus der Not eine Tugend – aber schaffen keinen USP.

„Mit dem Kunden auf Augenhöhe“, „der Kunde als Partner“ oder der vermeintlich „sichere Finanzplatz“, dessen Image man sich mietet, wird der Kunde landauf, landab europaweit beglückt. An der Aufgabe, einmal das Alleinstellungsmerkmal des Hauses konkret in ein, zwei kurzen Sätzen zu benennen, scheitern viele Anbieter rundweg. Oft bekommt man ein Sammelsurium an Dienstleistungsangeboten, das durch seine vermeintlich besondere Kombination dann auch das Besondere des Hauses darstellen soll, zu lesen. Der Umfang an Zeilen ist nicht selten gewaltig und mit jedem Wort mehr wird es unspezifischer. Ein sicheres Signal, das man nicht weiß, wozu man da ist, wozu der Markt gerade diesen Anbieter braucht. Und wahrscheinlich braucht er ihn auch nicht, denn Anbieter gibt es wahrhaftig genug. Und eine Fülle an Mittelmaß belebt noch nicht den Wettbewerb.

Natürliche Alleinstellungsmerkmale wie bspw. „Fürstenbank“ zu sein und dem Kunden das fürstliche Portfolio anbieten zu können, sind von Natur aus selten. Aber es fehlt auch an Mut zur Spezialisierung. Um keine Kunden(gruppen) zu verlieren, können alle alles. Nur wenige Häuser fokussieren explizit auf spezielle Private Banking Dienstleistungen wie nachhaltige Beratung oder konzentrieren sich auf die Bedürfnisse einer speziellen Kundengruppe. Dabei wäre hier sehr viel drin: für den Anbieter wie für den Kunden. Die Bankenwelt im Private Banking wird am Mut zu diesem Schritt nicht vorbeikommen. Sie sollte sich auf die alte Lebensweisheit verlassen: Weniger ist meistens mehr.

 

 

Ralf Vielhaber

 

Eine ausführliche Analyse des Themas findet sich in der Profi-Version von „TOPS 2022 – Brandschutzmauer ums Vermögen“: https://www.fuchsbriefe.de/shop/tops-2022-brandschutzmauer-fuers-vermoegen-profiversion

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