ELTIF-Gespräch

Für wen ELTIFs sehr gut geeignet sind

Redaktion -

„Für Stiftungen, die Real Assets ausprobieren wollen, sind Retail-ELTIFs sehr gut geeignet“

 

Wir sprachen im Rahmen unseres an Stiftungen adressierten Schwester-Magazins RenditeWerk mit Dirk Holz über die Reform und den Markt der European Long Term Investment Fonds (ELTIF) und veröffentlichen das Interview auch an dieser Stelle. Dirk Holz ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Commerz Real und als Leiter Portfoliomanagement auch mit dem Klimavest, einem der ältesten und größten in Deutschland vertriebenen ELTIFs befasst. Wir wollten von Dirk Holz wissen, ob der seit Januar 2024 umgesetzte Rahmen 2.0 ELTIFs dem erklärten Ziel näherbringt, Anleger, und das heißt auch Stiftungen, mit kleinerem und mittlerem Vermögen an Privatmarkt-Investitionen heranzuführen.

Herr Holz, weshalb gibt es ELTIFs?

Dirk Holz: Bis zur Einführung von ELTIFs im Jahr 2015 war es in Europa für Kleinanleger sehr schwer, in Private Fonds zu investieren – von Immobilienfonds abgesehen. Private Assets blieben weitgehend Institutionellen und sehr vermögenden Anlegern vorbehalten. ELTIFs sollten auf europäischer Ebene diese Anlageklassen auch Retail-Investoren zugänglich machen. ELTIFs waren zunächst jedoch zu stark reguliert und limitiert, als dass daraus eine Erfolgsgeschichte hätte werden können. Von den wenigen – vielleicht 75 bis 80 – ELTIFs waren die meisten auf institutionelle Investoren zugeschnitten, nur wenige waren für Kleinanleger konzipiert, darunter auch der Klimavest. Allerdings beträgt auch bei uns das durchschnittliche Anlagevolumen ca. 50.000 Euro, das ist deutlich über einem typischen Kleinanleger-Betrag.

Die Europäische Kommission wollte ursprünglich gemischte ELTIFs für Retail-Kunden und Professionelle Anleger. Das hat sich aber unter dem Regime ELTIF 1.0 nicht wirklich durchgesetzt und wird wahrscheinlich auch in Zukunft unter dem neuen Regime ELTIF 2.0 nicht im Markt angeboten.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Veränderungen im ELTIF-2.0-Regime? Vielleicht zunächst für die Anleger.

Dirk Holz: Die Veränderungsliste ist lang, ich beschränke mich daher auf einige großen Themen, die das ELTIF-Produkt wettbewerbsfähiger machen und einen gewissen Freiraum für die Asset-Manager schaffen sollen.

Bisher waren für Anleger 10.000 Euro als Mindestanlage erforderlich, das fällt nun weg. Theoretisch könnte man jetzt auch nur einen Euro investieren. Das hängt zukünftig aber von den Vertriebspartnern ab. ELTIFs sind beratungsintensiv, deshalb wird es wahrscheinlich eine Mindestgröße geben, vermutlich im vierstelligen Bereich, vielleicht 2.500 bis 5.000 Euro als Beispiel.

Aufgehoben wurde auch die Diversifikationsvorgabe für Kleinanleger. Um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, war unter ELTIF 1.0 ein Mindestanlagevermögen von 100.000 Euro erforderlich. Das ist eine Schwelle, über die viele Retail-Anleger nicht kommen. Unsere Vertriebspartner, wie etwa die Commerzbank oder verschiedene Sparkassen, sprachen häufig nur Investoren mit mindestens 250.000 Euro Anlagevolumen an.

Was hat sich auf Fondsseite verändert?

Dirk Holz: Von nun an sind auch Dachfonds möglich, die waren unter dem ELTIF-1.0-Regime nicht vorgesehen.

Fremdkapital war bisher auf 30 Prozent gedeckelt, da kann man nun auf bis zu 50 Prozent hochgehen.

Ein wichtiger Punkt ist die Lockerung der Asset-Anbindung. Ein ELTIF konnte nur maximal 10 Prozent des Fondsvermögens in ein einzelnes Vermögensobjekt investieren, pro Sachwert galt ein Mindestvolumen von 10 Mio. Euro. Das wurde alles ein bisschen gelockert, jetzt kann man auf 20 Prozent hochgehen. Da muss man aber auch schauen, welche Real-Asset-Sparten der ELTIF im Fokus hat.

Im Infrastrukturbereich, der für uns relevant ist, sind die Investments mit 50 bis 500 Mio. Euro relativ groß, wenn Sie an Offshore-Parks denken, geht es in die Milliarden. Das sind Riesenbeträge, die man mit dem relativ engen ELTIF-1.0-Korsett kaum investieren konnte, weil man auf die Diversifikation kommen musste. Wenn Sie 500 Mio. haben, ist das schwierig, bei Größen wie bei uns, mit 1,4 Milliarden, ist das einfacher.

Wie ist der Stand der Umsetzung der ELTIF-2.0-Reform?

Dirk Holz: Ursprünglich bestand die Absicht, europaweit ein standardisiertes Produkt aufzulegen. So weit ist es dann nicht gekommen, man konnte sich auf europäischer Ebene auf solche Standards nicht einigen.
Das wäre aber aus Investorensicht wichtig, um ELTIFs transparenter und besser vergleichbar zu machen.

Auch waren wichtige regulatorische Fragen lange nicht vollständig geklärt, so etwa die technischen Regulierungsstandards im Hinblick auf Mindesthaltefrist und Kündigungsfrist. Man gibt derzeit dem Assetmanagement die Möglichkeit, je nach Liquiditätsmanagement die Haltefrist und die Kündigungsfrist selber zu wählen.

Der Klimavest, der unter ELTIF 1.0 gestartet ist, ist in dieser Hinsicht sowieso sehr flexibel: Anleger können täglich in den Fonds einsteigen, und bei einem Anlagevermögen von unter einer halben Million Euro auch täglich aussteigen.

Die Übergangsfrist zur Umstellung auf ELTIF 2.0 läuft bis Januar 2029, erst dann ist das neue Regulierungsregime bindend.

Kommen wir zu Stiftungen. Nehmen diese – ich denke hier insbesondere an die vielen kleineren Stiftungen – bereits das ELTIF-Angebot wahr?

Dirk Holz: Es kommt entscheidend darauf an, ob Stiftungen mit Real-Asset-Investments vertraut sind oder nicht. Verfügen sie bereits über Erfahrung und Expertise, dann nutzen Stiftungen geschlossene Fonds, die speziell für eine Assetklasse aufgelegt sind: also z.B. nur für Immobilien oder nur für Infrastruktur. Stiftungen schließen sich dann zusammen mit professionellen Investoren. Die Diversifikation erfolgt über vielleicht 10 verschiedene Fonds und nicht über ein intern diversifiziertes Produkt. Für solche Stiftungen kommen ELTIFs kaum in Frage. In geschlossenen Profianleger-Gruppen laufen die Investitions-Prozesse auch ganz anders ab als bei ELTIFs, zudem sind die Renditeerwartungen deutlich höher. Anders sieht es aus, wenn Stiftungen noch keine Erfahrung mit Real Assets haben oder das Anlagevolumen gering ist. Für Stiftungen, die Real Assets ausprobieren wollen, sind Retail-ELTIFs sehr gut geeignet. Für diese Anlegergruppe ist der Klimavest ebenfalls konzipiert: er ist relativ breit aufgestellt, der Wert wird täglich festgestellt und es besteht laufend die Möglichkeit, aus dem Fonds ein- und auszusteigen.

Das heißt, der Klimavest ist als Einsteigerprodukt für Stiftungen geeignet? Sind solche Retail-ELTIFs auch beratungsintensiver?

Dirk Holz: Der Klimainvest eignet sich definitiv für Stiftungen, die Erfahrungswerte sammeln wollen. Anleger erhalten von uns ein umfassendes Reporting, wir stellen zudem auf der Homepage eine große Menge an Informationen zur Verfügung, um das Produkt möglichst transparent und verständlich zu machen. Bei ELTIFs für Retailkunden besteht die Beratung im klassischen Aufklärungs-Gespräch, das man unterschreiben muss. Das kann bei ELTIFs aufwendiger sein, aber möglicherweise ist das in Zukunft auch digital zu bewerkstelligen.

Sind Anbieter, die bisher das Segment der Institutionellen bedienten, auch bei Auflage eines ELTIFs im Vorteil?

Dirk Holz: Nicht zwingend. Auch für den institutionellen Bereich stellen Retail-ELTIFs eine Herausforderung dar. Denn für Profis sind Transparenzanforderungen, Auskünfte für Berater und Anfragen von Kleininvestoren neu, das müssen sie erst lernen.

Für andere ELTIF-Anbieter dürfte es ein Problem sein, genügend Kapital einzusammeln und das dann auch vernünftig einzusetzen. Hier sind die Großen im Vorteil. Die führenden US-Häuser haben ganz andere Möglichkeiten zu investieren. Das Volumen macht, wie ich eben schon sagte, etwa im Hinblick auf die Diversifikation einen entscheidenden Unterschied.

Schließlich sind Skaleneffekte sehr wichtig: Der Arbeitsaufwand für das Management bei einem 5-Mio.-Investment ist ähnlich groß wie bei einem 200-Mio.-Investment. Da haben kleine Fonds klare Nachteile. Es wird in Zukunft vermutlich auch erfolgreiche ELTIF-Boutiquen geben, das kann schon funktionieren. Aber man kann grob sagen, dass die Mindestgröße des Fondsvolumens bei 500 bis 750 Mio. Euro liegen sollte, alles darunter wird schwierig.

An Privatmärkten kommt es für den Anlageerfolg entscheidend auf die Asset Manager an. Wie sieht es bei ELTIFs aus?

Dirk Holz: Da ELTIFs nicht vollkommen standardisiert sind, muss man sich als Investor schon die Zeit nehmen, sich das Produkt genau anzuschauen: Um was geht es hier überhaupt, was machen die Asset Manager, sind sie aktiv oder passiv orientiert, welche Renditen und Risiken streben sie an, wie sind die Kündigungsfristen? Das ist elementar wichtig, weil davon der Mehrwert abhängt.

Bei uns im Klimavest verfolgen wir einen globalen Managementansatz. Wir machen das Asset Management vollständig intern, auf Ertrags- und Kostenseite. Es gibt andere Ansätze, da kauft das Asset Management Anteile von Windparks, die man dann anderen Managern überlässt. Wir managen den Park hingegen vollständig selber.

Privatmärkte versprechen oftmals relativ hohe Renditen. Die werden in der Regel anders ermittelt als Erträge an öffentlichen Märkten, eine Gleichsetzung ist problematisch. Wie ist das bei Ihnen?

Dirk Holz: Ja, auf Privatmärkten, etwa Private Equity, werden bei Verwendung des internen Zinsfußes Renditen von 8 bis 12 Prozent p.a. über 10 bis 12 Jahre angestrebt. Wir verwenden eine klassische BVI-Methode, womit sich die Performance relativ gut erfassen lässt. Wir bewerten die Assets quartärlich und versuchen das möglichst transparent abzubilden. Für uns liegt der langfristig-nachhaltige Zielkorridor der Rendite bei 4 bis 4,5 Prozent p.a. Allerdings sind die Benchmarks für Investoren beim Klimavest eher Termingelder, nicht Private Equity.

Bei der Beurteilung der Rendite muss man auch sehen, dass wir wertverzehrende Assets halten. Ein Solarfeld hat eine Laufzeit von 30 bis 40 Jahren, das Land muss gepachtet werden, nach Laufzeit-Ende müssen die Anlagen rückgebaut werden. Dann ist das Investment nichts mehr wert.

Und schließlich erfordern die Ausstiegsmöglichkeiten für Retail-Investoren ein aufwendiges Liquiditätsmanagement, was die Rendite schmälert.

Der Klimavest hat den geringsten Risikograd von 7 möglichen, nämlich 1. Unterschätzen Sie das Risiko, oder wie kommt dieser Wert zustande?

Dirk Holz: Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: Strompreise sind an langfristige Lieferverträge gebunden. In Deutschland ist die Basis das EEG, in Frankreich erhält man einen staatlich vereinbarten Preis, und auch in anderen Ländern haben wir Abnahmeverträge – idealerweise mit Direktabnehmern, etwa einem Datenzentren-Betreiber – mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren. Wir halten zwar auch Assets mit flexibleren Preisen, aber auch hier sichern wir das Portfolio langfristig ab. Bei uns ist zudem wenig Fremdkapital drin, so dass Zinsvolatilitäten nicht bedeutsam sind. Und wir haben viele Bestands-Assets, also Objekte, die nicht entwickelt werden müssen, und daher nicht den Risiken etwa von Verzögerungen bei Baugenehmigungen oder den Friktionen von Planungsprozessen ausgesetzt sind. Das führt insgesamt zu einem geringen Risiko.

Die Risiko-Klassifizierung ist jedoch nicht fix, sie wird jedes Jahr neu berechnet. Da wir den Fonds in Richtung Chancen steuern können, kann sich das Risiko im Zeitverlauf ändern, aber nicht massiv.

Letzte Frage: Wie ist Ihre Prognose für das ELTIF-Vehikel?

Dirk Holz: Real Assets haben sich in den letzten 20 Jahren bei institutionellen Investoren zunehmender Beliebtheit erfreut. Es gibt Pensionskassen, die bis zu 40 Prozent in Alternativen investiert sind. Von dieser Investitionsmöglichkeit blieb bislang der Retail-Bereich ausgeschlossen.

Aber das Potential für Investitionen in Infrastruktur weltweit – um bestehende Infrastruktur zu erneuern, zu erweitern oder durch nachhaltige Lösungen zu ersetzen – ist sehr groß. Institutionelle Gelder allein werden das nicht stemmen können. Deshalb rückt das Retail-Geld zunehmend in den Fokus. Das macht mich, was die Chancen des ELTIF-Vehikels anbelangt, sehr optimistisch.

Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass ELTIFs für Anleger lange nicht so transparent sind wie etwa ETFs. Private Märkte sind zudem sehr heterogen. Private Equity, der Kauf von Anteilen an Unternehmen, ist etwas ganz anderes als das, was wir mit dem Klimavest machen. Deshalb ist es für Berater und Investoren sehr schwer, hier einen ausreichenden Durchblick zu bekommen. Eine radikale Standardisierung der ELTIFs hätte diese Schwierigkeiten mildern können. Weil eine solche auch mit ELTIF 2.0 nicht umgesetzt worden ist, werden wir das ganz große Wachstum bei ETLIFs auch in Zukunft nicht sehen.

Herr Holz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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