Die Strategie-Kolumne

Stiftungen - Der Rollenwechsel

Tobias Karow -

Die Kapitalanlage in Stiftungen ist Mittel zum Zweck, und sie ist vielen lästig. Gerade jetzt, wo niedrige Zinsen Stiftungsverantwortliche zwingen, sich mit dem Kapitalmarkt oder der Auswahl von Anlageinstrumenten erst recht zu beschäftigen. Was helfen kann, ist der Rollenwechsel weg vom aktiven Portfoliomanager hin zum passiven Portfoliokontrolleur.

Es ist eine Tatsache, dass den Deutschen das Sparbuch näher ist als die Aktie, dass sie eher spekulieren als investieren, wenn sie sich schon mal auf das glatte Börsenparkett wagen. In Stiftungen sieht die Kapitalanlage nun aber sichere und ertragsreiche Investments vor, in Zeiten niedriger Zinsen reichen die Erträge daraus aber nicht mehr aus, um die Zwecke zu erfüllen. So weit so gut, eine Geschichte mit Bart. Wer heute Verantwortung in einer Stiftung trägt, muss das Vermögen in einem Umfeld aus Nullzins, Flachcrash und vielfältigsten Risiken steuern. Keine Fehler zu machen ist das Gebot der Stunde, nur lässt dieses  Gebot viele Verantwortliche schnell auch in eine Art Starre treten. Weil dieses „selber machen“ eben das Problem enthält, dass jede Aktivität Fehler wahrscheinlicher macht und die Schwelle, mit einer Pflichtverletzung konfrontiert zu werden, sinkt. Vor diesem Hintergrund kann es eine zielführende Überlegung sein, das Verwalten des Stiftungsvermögens zu delegieren.

Diese Delegation hat den unschlagbaren Vorteil, dass ich mich als Stiftungslenker aus dem täglichen Auf und Ab der Börse entziehe und stattdessen diese Aufgabe an – zum Beispiel – Fondsmanager delegiere. Dort ist das notwendige Anlageknowhow vorhanden, dort ist die Technik zur Überwachung der Märkte existent, dort werden verschiedene Managementstile verfolgt. Wer versteht, wie beispielsweise ein Fonds arbeitet, wer ableiten kann, woher die Ergebnisse und vor allem die Ausschüttung kommen, der hat sich auf die passive Ebene bewegt und ist nicht länger Manager sondern Kontrolleur. Kontrolle über das Vermögen heißt auch, nicht in Verdacht zu geraten, sich in Investments – wie es Börsenkommentator Friedhelm Busch einst formulierte – zu verlieben. Als passiver Portfoliokontrolleur verändert sich der Blick auf das Vermögen. Er geht weg von Einzelinvestments hin zu Kontrolle und Dokumentation der vier fünf Fonds, die ausgewählt wurden.

Ob dieser Portfolioblick ein Ausweg aus dem möglichen Anlagedilemma einer Stiftung sein kann, können drei Fragen klären. 1) Ist das Stiftungsvermögen heute zeitgemäß aufgestellt und trägt die Anlagerichtlinie der aktuellen Gemengelage Rechnung? 2) Bin ich in der Lage, Märkte und Instrumente so zu kennen, dass ich eine fundierte Anlageentscheidung treffen und diese auch vor der Aufsicht argumentieren kann? 3) Habe ich die Pflicht der Dokumentation einer Anlageentscheidung so erfüllt, dass auch mein Nachfolger als Stiftungsvorstand ruhig schlafen kann? Kann eine der Fragen mit Nein beantwortet werden, sollte der Rollenwechsel in Betracht gezogen werden. Denn: Gut delegiert ist schon mehr als die halbe Miete einer sachgerechten Kapitalanlage.


Der diplomierte Politikwissenschaftler und zertifizierte Stiftungsberater (EBS) Tobias M. Karow ist Leiter Stiftungen und Strategie 4.0 im Team Wealth, Risk & Compliance bei Rödl & Partner. In privater Initiative hat der zudem die NPO-Lösungsanbieter-Plattform www.stiftungsmarktplatz.eu mitgegründet.

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