Exner-Kolumne

„Value“ durch Pharma-Beimischung

Kolumnist -

Schaut man sich die Aktienmärkte an, so leiden viele Sektoren – trotz der jüngsten Erholung – immer noch unter der teils starken Korrektur zu Jahresbeginn. Manche Indizes notieren sogar noch mehr als 20 Prozent im Minus. Ganz im Gegensatz zu den Unternehmen aus dem Pharmasektor! Sie haben sich – wieder mal – als sicherer Hafen erwiesen. So notiert der Pharmaceuticals-Bereich im MSCI World Index mit über 3 Prozent im grünen Bereich und setzt sich damit deutlich vom Gesamtmarkt ab. Man könnte sagen: das unterstützt den Markttrend „weg von Growth- und hin zu Value-Titeln“.

Doch bleiben wir noch bei den pharmazeutischen Unternehmen aus dem MSCI World: Sie sind im Durschnitt ordentlich profitable und Cash-generative Unternehmen und bei einem KGV von aktuell 13,9 durchaus günstig bewertet. Vergleicht man die Bewertung mit dem MSCI World Index, so notiert der Sektor bei einem Verhältnis von 0,86, also ein sehr ordentlicher Abschlag zum Gesamtmarkt.

Pharma-Titel – eine wichtige Qualle für ordentliche Erträge

Auch wenn der Pharmabereich bei unserem ganzheitlichen Gesundheitsanspruch nur einen Baustein des Gesamtportfolios repräsentiert, so sind wir doch in sieben pharmazeutische Unternehmen investiert. Denn sie erfüllen im Portfolio des Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig wichtige Eigenschaften: Pharmakologische Unternehmen sind aufgrund Ihrer Cash-Flow-Stärke eine wichtige Quelle für ordentliche Erträge, da sie regelmäßig und verlässlich Dividenden ausschütten. So sind wir beispielsweise bei Bristol Myers Squibb engagiert, die eine Dividendenrendite von rund 3 Prozent erwirtschaftet, oder beim amerikanischen Biotechnologieunternehmen Amgen mit 3,2 Prozent Dividendenrendite.

Auch sollte man mit dem Vorurteil aufräumen, dass Pharma-Unternehmen keine attraktive Umsatz- und Ertragsperspektive ermöglichen können. Schauen wir zum Beispiel auf das französische Pharmaunternehmen Ipsen, das auf onkologische Präparate und seltene Krankheiten spezialisiert ist. Ipsen wirtschaftet hochprofitabel, verfügt über ein vielversprechendes Produktportfolio und ist in den letzten fünf Geschäftsjahren im Durschnitt zweistellig gewachsen. Oder unsere Portfolio-Beteiligung UCB Pharma aus Belgien. Hier konnte die EBITDA Marge über die letzten Jahre von rund 17 auf knapp 28 Prozent ausgebaut werden. Bis 2025 soll eine Marge von rund 30 Prozent möglich sein. Pharma-Unternehmen sind also ein verlässlicher „Value“-Baustein in unserem Portfolio.

Abhängigkeit von China und Indien bereitet Sorge

Das bedeutet aber nicht, dass auch diese Unternehmen frei von Problemen sind. Die weltweite Pharma-Industrie ist im Zuge der Corona-Pandemie in den Fokus der Anleger gerückt. Aber die pandemiebedingten Störungen der Lieferketten hat auch die Anfälligkeit der Unternehmen deutlich vor Augen geführt. China und Indien, die in bestimmten Bereichen einen großen Anteil an der Wirkstoffproduktion (API = Aktive pharmazeutische Wirkstoffe) für pharmakologische Produkte haben, produzieren und liefern nicht mehr im gewohnten Umfang. Dadurch werden Ängste vor Medikamentenengpässen geschürt.

Dann die politischen Einflüsse. Hier hat sich die EU-Kommission in einem Strategiepapier von 2020 ganz klar für eine Reduzierung der Abhängigkeit der Pharma-Wirkstoffproduktion von nicht EU-Staaten stark gemacht. Auch auf Seiten der amerikanischen FDA gibt es diverse Reports zu diesem Thema. Doch das könnte teuer für die Unternehmen werden, denn aufgrund geringerer Personal- und Anlagenkosten, gelockerten rechtlichen Restriktionen und einem besseren Zugang zu relevanten Rohstoffen wird für China und Indien von einem Produktionskostenvorteil in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent berichtet. Da kann kaum ein Wettbewerber in Europa mithalten.

Es muss allerdings betont werden, dass es sich dabei nur um einen Teil der weltweiten Wirkstoffproduktion handelt - vereinfacht gesagt um standardisierte Massenproduktion, die z.B. Antibiotika und häufig generische Produkte umfassen.

Schweizer CDMO-Unternehmen Siegfried könnte zu den Gewinnern gehören

Die Corona-Pandemie und nun der Ukraine Konflikt mit den negativen Effekten auf Rohstoff- und Logistikosten dürften allerdings viele pharmakologische Unternehmen darin bestärken, wieder verstärkt auf lokale Wertschöpfung zu setzen. Dies bedeutet aber nicht nur Herausforderungen, sondern kann für den ein oder anderen europäischen Pharma-Spieler auch ein Segen sein. So hatten wir beispielsweise im letzten Jahr über unsere damalige Beteiligung an der Siegfried in der Schweiz berichtet. Siegfried ist ein wichtiger Spieler in der europäischen CDMO-Industrie (Contract Development and Manufacturing Organization), also der Auftragsarbeit für große Pharma-Firmen bei der Entwicklung von Wirkstoffen und Medikamenten. Dieser Pharma-Bereich ist etwa vergleichbar mit der IT-Outsourcing-Industrie. Dies aber nicht in China oder Indien, sondern eben hauptsächlich in Europa. Damit könnte Siegfried einer der großen Profiteure der Umorientierung nach Europa werden.

Über den Autor: Christian Exner ist Mitglied im Fondsberater-Team des Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig  

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