Exner-Kolumne

Wenn krank sein in die Pleite führt

Kolumnist -

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird in Deutschland für das Jahr 2021 um 0,2 Prozent auf 1,3 Prozent angehoben. Das mag der ein oder andere beklagen, werden die Krankenversicherungsbeiträge doch immer teurer. Das geht bei vielen Familien ins Geld. Auf der anderen Seite hilft der Staat aber auch, wenn es nötig ist. So hat die Bundesregierung erst vor wenigen Tagen aufgrund der Corona-Epidemie das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz beschlossen. Damit wurden klare Entscheidungsgrundlagen bei der Pandemiebekämpfung, zielgenaue Hilfen für Krankenhäuser, mehr Schutz für Risikogruppen und eine bessere Unterstützung erwerbstätiger Eltern festgelegt. Der Zugang zu medizinischer Betreuung und Versorgung kommt die privaten Haushalte und den Staat zwar teuer zu stehen, dafür ist aber auch jeder einzelne versichert. Das trifft auf alle zu, denn finanziell schwach Gestellten hilft im Zweifelsfall der Staat.

Rund 60 Prozent der Privatinsolvenzen in den USA sind auf unbezahlbare Krankenhausrechnungen zurückzuführen

Doch das ist nicht in jedem Land so. Beispiel USA: Zwar gibt das Land relativ zum Bruttoinlandsprodukt fast doppelt so viel für Gesundheit aus wie der Durschnitt der OECD-Staaten. Dennoch haben knapp 25 Prozent der Bevölkerung noch immer keinen vernünftigen Zugang zur Gesundheitsversorgung aufgrund fehlender Krankenversicherung. Obama-Care wollte das ändern, aber der noch amtierende Präsident Donald Trump will das Gesetz bis zum letzten Tag seiner Amtsführung noch kippen. Jetzt ruhen die Hoffnungen auf Joe Biden, der Obama-Care neuen Schwung geben soll. Denn derzeit müssen noch mehr als die Hälfte der Versicherten enorme Zuzahlung in Abhängigkeit von der Gesundheitsleistung erbringen. Das führte schon in normalen Zeiten zu extremen Belastungen und hat zur Folge, dass rund 60 Prozent der Privatinsolvenzen in den USA auf unbezahlbare Krankenhausrechnungen zurückzuführen sind. In Zeiten wie jetzt während der Corona-Pandemie potenziert sich dieses Problem. Hier werden die gewaltigen Schwächen des amerikanischen Gesundheitssystems besonders deutlich. Wie gesagt, jetzt liegen die Hoffnungen auf einer Revitalisierung von Obamacare, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter mit einer Krankenversicherung auszustatten. Außerdem enthält es Stellschrauben, um eine flächendeckende Versicherungsversorgung im Land umzusetzen.

Hohes Wachstumspotential für innovative Unternehmen

Dies dürfte Unternehmen, die eine Krankenversicherungsversorgung im Land sicherstellen, zusätzlichen Rückenwind verschaffen. So beispielsweise dem Marktführer United Health Group, einem Portfoliounternehmen aus unserem Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig (ISIN: DE000A2PPHK4 / WKN: A2PPHK). Auf der anderen Seite gibt es nicht so bekannte, aber besonders innovative Unternehmen, die über die Digitalisierung (Online-Plattform) Licht in den Dschungel der Krankenversicherungsmöglichkeiten bringen und Preistransparenz darstellen. Eines davon ist die erst dieses Jahr an die Börse gegangene GoHealth.

„Amazon Pharmacy“ will im 4 Billionen Dollar-Markt mitmischen

Preistransparenz ist in den USA ein wichtiges Stichwort. Das System aus großen Pharmaherstellern, dazwischen geschalteten Logistikern, die auch die Preisverhandlungen mitgestalten, und mehr oder weniger stark positionierten Apothekenketten und Endabnehmern ist hochkomplex und selbst für Fachleute schwer zu durchschauen. Dies hat für den Patienten zu enormen Preissteigerungen in den vergangenen Jahrzehnten geführt. Gleichzeitig bietet der Gesundheitsmarkt mit mehr als 4 Billionen USD enormes Potential für produzierende Unternehmen, aber auch für solche, die für Transparenz sorgen. Dieser Aufgabe hat sich etwa das Unternehmen GoodRx verschrieben. Es stellt über ihre Online-Plattform und ihre App Preistransparenz für Medikamente und andere Medizindienste her und sorgt somit für substanzielle Kostenersparnisse beim Endverbraucher. Vor dem Hintergrund der Größe dieses Marktes ist es nicht verwunderlich, dass jetzt auch Amazon mit „Amazon Pharmacy“ mit einer eigenen Online-Apotheke in den USA an den Start geht.

Wir halten derartige Geschäftsansätze, die den Endverbraucher und deren Gesundheitsversorgung in den Mittelpunkt stellen, für eine ganz vitale Entwicklung. Dies ist nicht nur für die Erfüllung des UN-Nachhaltigkeitsziels „Zugang zu Medizin“ ´wichtig, sondern kommt auch dem Staat im Sinne sinkender, da effizienter Gesundheitsausgaben zugute. Auf der anderen Seite bieten innovative und richtig positionierte Gesundheitsunternehmen enormes Umsatz- und Ertragswachstum und somit auch Renditepotential für jeden Anleger.

  

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