Gastbeitrag

Wie Asset Manager den Weg durch den Dschungel der Nachhaltigkeit finden

Gastautor -

 

Stefanie Kruse verantwortet bei der HANSAINVEST die Bereiche Business Management einschließlich des GmbH Risikomanagements, Compliance, Geldwäscheprävention und ist Nachhaltigkeitsbeauftragte. In dieser Funktion ist bei ihr die Nachhaltigkeitsstrategie der HANSAINVEST angesiedelt.

Wie Asset Manager den Weg durch den regulatorischen Nachhaltigkeitsdschungel finden

Die zunehmend komplexe und an vielen Stellen noch vage Nachhaltigkeitsregulierung stellt Produktanbieter vor zunehmende Herausforderungen. Doch kann die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Service-KVG eine wertvolle Hilfestellung sein, um eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie entlang der aktuell geltenden Regulatorik zu entwickeln und Fallstricke zu umgehen.

Von Stefanie Kurse, HANSAINVEST

Kaum etwas dürften Produktanbieter im Investmentbereich mehr fürchten als in den Verdacht des Greenwashings zu geraten. Denn selbst wenn sich ein solcher Verdacht als falsch herausstellen sollte oder kein Vorsatz dahintersteckt, der Reputationsschaden kann erheblich sein. Doch gleichzeitig erhöht die aktuelle Nachhaltigkeitsregulierung das Risiko für Fondsanbieter, in genau diesen Verdacht zu geraten. Denn erstens steht die Regulatorik im gesamten Nachhaltigkeitsbereich noch ganz am Anfang, was insbesondere für die in der gesamten Europäischen Union (EU) gültige Taxonomie, bei der es um die Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten geht, gilt. Zweitens erscheinen die bislang geltenden Regelungen wie die Offenlegungsverordnung (SFDR), die Taxonomie und die Änderung der MiFID II-Richtlinie, sehr komplex. Und drittens wurde zwar eine Vielzahl an Detailregelungen verabschiedet, doch wurde bislang nicht allgemein gültig definiert, was wirklich nachhaltig ist.

Vor allem der Mangel an eindeutigen Definitionen und Standards in der aktuell geltenden Regulatorik lassen viel Spielraum für Interpretationen und das kann unter Umständen zu ungenauen und unterschiedlichen Definitionen in der Finanzbranche führen. Beispiele sind die fehlende verbindliche und einheitliche Berechnungsmethode für die Nachhaltigkeits- und Taxonomiequoten auf Fondsebene, der nicht eindeutig definierte Begriff der „guten Unternehmensführung“ oder das Do-No-Significant-Harm-Prinzip, bei dem es an präzisen Kriterien mangelt, was wiederum dessen wirksame Umsetzung aktuell schwierig macht. Dieser Mangel an klaren Definitionen und Standards kann in der Tat zu Missverständnissen führen und zu Greenwashing-Vorwürfen beitragen.

Viel Handlungsbedarf

Dazu kommt der Handlungsbedarf von Seiten des Gesetzgebers, der noch in vielen Bereichen festzustellen ist. So kann es aus künftigen Renditeüberlegungen heraus interessant sein, in Unternehmen zu investieren, die einen Transformationsprozess angestoßen haben. Doch da die SFDR bislang den Status Quo bei Unternehmen misst und diese – Stand heute – Good Governance-Verfahrensweisen erfüllen müssen, kann ein solcher Transformationsprozess einer Firma aktuell noch nicht abgebildet werden. Damit sind Investments in weniger nachhaltige Unternehmen, die sich auf einem guten Weg befinden, derzeit nicht möglich. Auch bezieht sich die Taxonomie bislang nur auf ökologische Nachhaltigkeitsziele, noch nicht aber auf soziale Kriterien. Zudem besteht aus Sicht der Investmentbranche der Wunsch nach einer besseren Abstimmung zwischen Taxonomie und Offenlegungsverordnung sowie mehr Transparenz bezüglich geplanter Veröffentlichungen seitens der EU-Kommission, um eine sach- und zeitgerechte Implementierung neuer Regelungen zu ermöglichen. Schließlich kann sich jede kurzfristige Änderung der Anlagestrategie auf die Performance eines Fonds auswirken.

Doch nicht nur bei Financial Assets sorgt die Regulatorik für Verunsicherung, sondern auch bei Real Assets. Zwar ist es verständlich und nachvollziehbar, dass gerade Immobilien ein wichtiger Ansatzpunkt sind, um die CO2-Emissionen zu reduzieren, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten. Schließlich verursachen Gebäude laut Umweltbundesamt rund 30 Prozent der Kohlendioxidemissionen. Aber auch hier ist festzustellen, dass es bislang keine branchenweit einheitliche Definition der Nachhaltigkeitskriterien bei Immobilien gibt und es zugleich an einer umfassenden einheitlichen Ausgestaltung und Etablierung von ESG-Kriterien und entsprechenden Benchmarks mangelt.

Zahlreiche Klassifizierungsänderungen

Dazu gilt für die gesamte Fondsbranche, egal ob ein Produkt auf Financial oder Real Assets ausgerichtet ist, dass es einen weit verbreiteten Mangel an gemeldeten oder sonstigen verlässlichen Daten für die Bewertung von Investitionen gibt. Die Verunsicherung im Zusammenhang mit der neuen Regulierung hat dazu beigetragen, dass zuletzt etliche Fonds von Artikel-9- in Artikel-8-Produkte umklassifiziert wurden. Laut Morningstar betraf dies allein im vierten Quartal 2022 Fonds mit einem Volumen von insgesamt 175 Milliarden Euro. Damit stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, um sicherzustellen, dass ein Produkt die erforderlichen Voraussetzungen für eine bestimmte Klassifizierung nach der SFDR erfüllt, Klassifizierungsänderungen zu vermeiden und grundsätzlich die Gefahr von Greenwashing-Vorwürfen zu reduzieren.

Ein erster wichtiger Baustein dafür ist ein umfassendes ESG-Reporting, das für die nötige Transparenz sorgt und das immer mehr zum Erfolgsfaktor im Bereich der nachhaltigen Finanzprodukte wird. Dabei ist beispielsweise wichtig, dass ein ESG-Reporting flexibel gestaltet und an den individuellen Bedürfnissen eines Asset Managers und seiner Kunden ausgerichtet ist. Zudem muss ein ESG-Reporting schon heute mit einer vertrauenswürdigen Datengrundlage und ausgearbeiteten Kompetenzen zuverlässig durchgeführt werden. Denn da sich die Regulatorik derzeit dynamisch entwickelt und die Anforderungen voraussichtlich strenger werden, kann das Reporting so leichter an veränderte ESG-Vorschriften angepasst werden. Zudem müssen bei der Erstellung des Reportings alle ESG-relevanten Daten aus womöglich unterschiedlichen Quellen erfasst und unter Umständen mit Hilfe von Smart-Data-Lösungen mit den intern vorhandenen Daten zusammengebracht werden. Deshalb ist hier eine ausreichende technische Infrastruktur zwingende Voraussetzung.

Datenmanagement als große Herausforderung

Beim Reporting gilt es allerdings auch grundsätzlich zu berücksichtigen, dass das Datenmanagement eine der größten, wenn nicht die größte Herausforderung für die Unternehmen bei der Erstellung von ESG-bezogenen Publikationen ist. Denn um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen oder auch nur, um freiwillige Rahmenvorgaben einzuhalten, beginnen viele Unternehmen derzeit damit, ihre Daten zu aktualisieren und zu strukturieren. Doch haben nicht alle Unternehmen formelle Key Performance Indicators festgelegt und Systeme zu deren Überwachung entwickelt. Das ist eine weitere Herausforderung bei der Umsetzung eines zuverlässigen und transparenten ESG-Reportings, das zudem auch laufend weiterentwickelt werden muss.

Hier kann eine Art ESG-Toolbox hilfreich sein, um ein zuverlässiges und den individuellen Bedürfnissen angepasstes ESG-Reporting sinnvoll aufzusetzen. Eine datenbasierte Toolbox bietet den Assetmanagern Attribute zu ESG-Merkmalen und -Zielen, -Grenzwertdefinitionen sowie -Normen und -Standards und stellt diese zur Verfügung. Aus einem solchen „Werkzeugkasten" können Asset Manager die individuell benötigten Nachhaltigkeitskriterien spezifisch auswählen und Grenzwertdefinitionen an ihre Bedürfnisse anpassen. Die Angebote der Toolbox setzen auf der Taxonomie und der Offenlegungsverordnung sowie den sogenannten Principal Adverse Impact Indicators (PAIs) auf und müssen an die regulatorischen Änderungen auch immer wieder angepasst werden.

Die Vorteile der Zusammenarbeit mit einer Service-KVG

Allerdings ist es für einen Asset Manager oder einen Fondsinitiator nicht einfach, sich – neben dem Tagesgeschäft, also der Identifizierung geeigneter Investments oder dem Risikomanagement – um all das zu kümmern. Aus diesem Grund kann beim ESG-Reporting die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Service-KVG erheblichen Mehrwert stiften. Doch gehen die Vorteile noch weit darüber hinaus. Denn eine erfahrene Service-KVG ist auch in der Lage, einen Asset Manager durch die Regulatorik und die verschiedenen Begrifflichkeiten zu führen und bei der Umsetzung einer nachhaltigen Anlagestrategie zu unterstützen. Denn auf Basis der derzeitigen Regulatorik lassen sich durchaus Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln. Schließlich ist es das Ziel des Regulators, nachhaltige Investments zu fördern und nicht diese zu verhindern.

Das gilt beispielsweise auch für die bereits erwähnten Artikel-9-Produkte. Hier setzt sich am Markt immer mehr die Sichtweise durch, dass es dabei um die übergeordneten und beim Pariser Gipfel formulierten Klimaziele gehen muss. Um also eine Herabstufung auf Artikel 8 zu verhindern, muss bei der Konzeption eines Fonds genau dieses Ziel berücksichtigt werden. Doch kann Nachhaltigkeit auch noch auf anderen Wegen erreicht werden. Neben dem Ziel eines positiven Impacts kann er auch darauf ausgerichtet sein, negative Auswirkungen auf bestimmte ESG-Kriterien zu vermeiden. Dann würde ein Fonds zum Beispiel nicht in Unternehmen investieren, die schwerwiegende Umweltbelastung zu verantworten haben, ein Fonds, der positiv auf soziale Ziele einzahlt, würde Firmen meiden, die die Menschenrechte verletzen oder ihre Mitarbeiter ungleich behandeln.

In all diesen Fällen kann die Zusammenarbeit mit einer entsprechenden Service-KVG somit helfen, Missverständnissen oder Fehlinterpretationen bezüglich der aktuell geltenden Regulatorik vorzubeugen. Über die Nachhaltigkeitsregulatorik hinaus übernehmen Service-KVGen zudem administrative Aufgaben, die im Zusammenhang mit sonstigen regulatorischen Anforderungen sowie in der Koordination mit der BaFin bestehen. Im Idealfall kann eine Service-KVG außerdem auf eingespielte Prozesse zurückgreifen, woraus sich wiederum Skaleneffekte ergeben – und zwar einerseits durch niedrigere Kosten und andererseits in Form einer höheren Qualität bei der Erfüllung der regulatorischen Anforderungen. Insgesamt aber sorgt die Auslagerung administrativer Aufgaben dafür, dass sich Fondsmanager mehr auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren können. Und das ist im derzeit herausfordernden Anlageumfeld entscheidend und kommt letztlich den Investoren zugute.

 

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