F|R Prüfinstanz

Wie beratungsresistent sind Private Banker eigentlich?

Elmar Peine -

20 Jahre Fuchs | Richter Prüfinstanz. Gelegenheit für ein Gespräch über Entwicklungen. Ein Interview mit Jörg Richter und Ralf Vielhaber.

 

Ralf Vielhaber Jörg Richter

 

Private Banker: Das Private Banking ist insgesamt wichtiger geworden, oder?

Ralf Vielhaber: Die Privatvermögen wachsen. Es gibt immer mehr und größere Erbschaften, speziell auch hier in Deutschland. Folglich stellen sich immer mehr Menschen die Frage, was mache ich mit dem Vermögen? Zugleich lässt die staatliche Altersvorsorge immer mehr zu wünschen übrig. Private Vorsorge wird wichtiger. Auch da kann Private Banking helfen. Eine zunehmende Zahl von Ehen wird geschieden. Es stellen sich Vermögens- und Vermögensnachfolgefragen. Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage wird zumindest zur moralischen Pflicht stilisiert. Aber lohnt es sich? Der Euro steht unter Druck. Muss ich mit meinem Vermögen stärker ins Ausland und in andere Währungsräume? Dann die heftigen Paradigmenwechsel auf den Märkten: ein Jahrzehnt Anlagenotstand, jetzt ein abrupter Wechsel in ein Inflation- und voraussichtlich Stagflationsregime. Die neuen Möglichkeiten der kostengünstigen, breit gestreuten Geldanlage mit ETF. Das alles beschäftigt Anleger wie Berater gleichermaßen und stellt sie vor enorme Herausforderungen. Ja, Private Banking nicht nur im Sinne von Vermögensverwaltung, sondern vor allem auch von ganzheitlicher qualitätvoller Beratung ist wichtiger geworden.

 

PB: Regional haben sich die Gewichte von der Schweiz insbesondere auf Deutschland verschoben?

RV: Wir sehen – analog zum internationalen Trend der Re-Regionalisierung – seit einigen Jahren und gerade auch zuletzt verstärkt, eine ähnliche Tendenz im Private Banking. Waren die Nullerjahre eine Phase des Expansion, insbesondere auch von Schweizer Adressen auf den deutschen Markt, erleben wir jetzt eine Phase der Kontraktion innerhalb der Branche in den Ländern des DACH-Raumes und Liechtenstein und grenzüberschreitend. Ausnahmen wie die der Liechtensteinischen Landesbank in Österreich sind da eher die Ausnahme als die Regel.

 

PB: Und institutionell geht es mehr in Richtung Unabhängige?

Jörg Richter: Jain. Viele Ex-Banker machen sich selbständig, nicht immer ganz freiwillig, etliche durchaus erfolgreich. Doch der hohe Regulationsgrad fordert Tribut. Kosten und Bürokratie laufen aus dem Ruder. Das können nur wenige Unabhängige stemmen. Gerade eben haben Lunis und HRK ihren Zusammenschluss bekannt gegeben. Und nun kommt eine herausfordernde Phase auf den Märkten, nicht vergleichbar mit dem easy going, das wir unter dem Eindruck der expansiven Notenbankpolitik ein Jahrzehnt lang hatten. Wer nicht deutlich wächst – organisch oder durch solche Zusammenschlüsse – der wird es schwer haben, die nächsten fünf Jahre zu überstehen.

 

PB: Hat sich die Qualität des Private Banking aus ihrer Sicht so entwickelt wie ihre Marktposition?

RV: Nein. Gerade am deutsche Markt ist das Private Banking in einer Krise. Definiert man Individualität, so wie wir es in der Fuchs | Richter Prüfinstanz tun, als das Qualitätsmerkmal oder Neudeutsch die DNA des Private Bankings, dann ist das in der Breite des Marktes eindeutig auf dem Rückmarsch. Standardisierung hält bei Vermögensgrößen unter 5 Mio. verstärkt Einzug. Auch Kostendruck und Mitarbeiterabbau fördern nicht unbedingt die Qualität in der Beratung. Mit dem neuen Pflicht-Thema Nachhaltigkeit sind die meisten Berater noch überfordert. Andererseits haben sich im deutschsprachigen Raum über die Jahre hohe Qualitätsstandards herausgebildet, die von den Top-Adressen auch gehalten und weiterentwickelt werden.

 

PB: Wie sieht es da mit den regionalen Unterschieden aus?

RV: Leider sind die Top-Adressen nicht unbedingt in Deutschland zu suchen. Hier haben sich die Gewichte gegenüber den Nullerjahren, als der deutsche Markt auch das Zentrum für Innovation und Qualität im PB war, deutlich nach Österreich und Liechtenstein verschoben. Gerade Vermögen unter 5 Mio. Euro sollten den Blick ins nachbarschaftliche Ausland wagen. Die Schweizer Banken setzen seit jeher – neben der Steuerersparnis vergangener Zeiten – auf hohe Anlagevolumina und die Zugkraft des sicheren Hafens und der soliden Währung sowie einer gewissen Unabhängigkeit vom Rechtsraum EU, Stichwort asset protection. Die Qualität der Beratung ist in der Schweiz zum Teil im mündlichen Gespräch sehr gut, was jedoch als Anlagekonzept vorgelegt wird, ist oft zum Haare raufen. Unter 5 Mio. Anlagevolumen gilt das Motto: Der Kunde muss zum standardisierten Angebot passen, nicht umgekehrt.

 

PB: Vor zwanzig Jahren waren Unabhängige Vermögensverwalter ja zumeist Ex-Banker, die einige ihrer Kunden mit in die Selbständigkeit genommen haben und damit bis zur Rente kommen wollten. Heute hat sich da – auch gerade nach den jüngsten Fusionen - ja ein neues Kraftzentrum gebildet. Wie schätzen Sie die Qualitätsentwicklung der Unabhängigen ein?    

JR: Einiges habe ich ja schon oben dazu gesagt. Der Markt ist sehr vielfältig. Er reicht von der Boutique, die sich auf spezielle Anlagesegmente spezialisiert hat, bis zu Vermögensverwaltern, die eine unabhängige, ganzheitliche Beratung auf hohem Niveau und dazu noch vergleichsweise kostengünstig anbieten. Ex-Banker mit einem großen Erfahrungsschatz spielen hier eine bedeutende Rolle. Das sind auch die Vermögensverwalter, die eine langfristige Wachstumsperspektive haben, ihre Vermögensverwaltung unternehmerisch führen, ihren USP kennen und pflegen. Gerade auch am deutschen Markt hat sich da eine spannende und qualitätvolle Alternative zu den Privatbanken entwickelt.

 

PB: Die Prüfinstanz bietet Banken und Vermögensverwaltern ja auch an, die Beratungsqualität zu schulen, wie „beratungsresistent“ sind Private Banker eigentlich?

RV: Das kann ich so nicht unterschreiben. Es waren Branchenvertreter, die uns überhaupt erst auf diesen Gedanken gebracht haben: Haut uns nicht nur unsere Fehler um die Ohren, sagt uns, wie wir es für den Kunden optimal machen können, hieß es. Und wir haben darin eine Win-Win-Situation für Kunde und Wealth Manager gesehen. Die Schulungsintensität in der Branche ist hoch, nicht zuletzt wegen der hohen Regulierungsanforderungen. Der einzelne Berater ist auch gewöhnlich interessiert und lernbereit. Es hilft ihm ja auch bei der Kundengewinnung, wenn er so berät, dass es die Qualität der Beratung steigert. Wenn die Qualität sich dennoch nicht durchgängig weiterentwickelt, liegt das einerseits an Zusammenschlüssen und häufigen Philosophiewechseln, aber auch an der Unfähigkeit, gewonnenes Wissen zu konservieren und weiterzugeben. Ich staune manchmal, welche Fragen mir Führungskräfte aus dem Private Banking heute noch oder wieder stellen, bzw. welche Hinweise zur Qualitätsverbesserung noch oder wieder Aha-Erlebnisse hervorrufen.

 

PB: Banken und unabhängige Vermögensverwalter nutzen Siegel gerne als Marketinginstrument. Wie geht die Prüfinstanz als „Qualitätsanbieter“ damit um, dass es eine regelrechte Flut von Siegeln gibt?

JR: Das ist ein Problem für die Kunden, denn sie wissen meist nicht, was hinter der Siegelvergabe steckt. Wir haben dafür klare Kriterien und machen diese auf unserer Webseite fuchsrichter.de transparent. Der Kunde erfährt, was eine Bank an Leistung zeigen muss, um ein Siegel von uns zu erhalten. Gerade im gehobenen Segment, in dem wir unterwegs sind, darf man dem Kunden zutrauen, dass er selbst auch in der Lage ist, die Spreu vom Weizen bei den Siegeln zu trennen.

 

PB: Was müsste sich ändern, damit sich einerseits Qualitätstests weiter rechnen und die Siegel andererseits für Kunden eine wirkliche Orientierung bieten?

RV: Ich bin ein Freund des Marktes, Qualität setzt sich durch. Von immer mehr Vorschriften etwa auch für Siegelvergaben, halte ich nichts außer eben der: Es muss jeder Siegelanbieter sein Prüfverfahren vollständig transparent machen. Wie kommt das Rating zustande? Sitzt da eine Jury zusammen? Ist es eine bloße Umfrage? Wird wirklich bei den Banken geprüft und sind die Anforderungen bei der Beratung gleichwertig? Sind die Kriterien wissenschaftsbasiert? Was fließt am Ende in die Bewertung ein? Sind die Menschen, die da urteilen, dazu befähigt? Die Mühe, sich damit zu befassen, kann man dem Kunden nicht nehmen. Er lernt dabei schon eine Menge. Und für ihn geht es ja auch um eine langjährige Partnerschaft und meist eine Stange Geld.

 

PB: Die Prüfinstanz testet vor allem die Beratungsqualität. Im Bereich unabhängiger Vermögensverwaltungen gibt es Tests, die insbesondere auch die Performancekraft einzelner Anbieter anhand von realen Depotergebnissen berücksichtigen. Bleibt das für das Wealth Management der Banken ausgeschlossen?

JR: Nein, wir machen das schon seit zehn Jahren in unseren Performance-Projekten. Dort treten Banken mit ihren Wealth Management Abteilungen gegeneinander und gegen ein kostengünstiges ETF-Portfolio an, wie es sich ein etwas vorgebildeter Privatkunde auch selbst zusammenstellen kann.

JV: Der Vorteil ist: Hier können nicht im Nachhinein genau die Portfolios eingebucht werden, die gerade gut gelaufen sind, sondern die Wealth Manager müssen real time zeigen, was sie drauf haben. Die Ergebnisse sind leider vielfach ernüchternd.

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