Value-Kolumne

Banken – die verkannten Value-Perlen

Kolumnist -

Seit Einführung des EURO STOXX Banks konnte man mit einer Buy and Hold-Strategie keinen Blumentopf gewinnen. Nach 35 Jahren befindet sich der Banken-Index immer noch 5 Prozent unter seiner Anfangsnotierung. Lediglich die Dividenden mit einer Rendite von unter 1,2 Prozent pro Jahr verblieben beim Investor. Das ist sehr frustrierend. Und heute?

Goldgräberstimmung von 2003 bis 2007

Gehen wir erst nochmal einen Schritt zurück, denn dies war nicht immer so. Insbesondere in der Zeit von 2003 bis 2007 herrschte Goldgräberstimmung im Bankensektor, oder, wie es der ehemalige geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) und spätere Bundespräsident Horst Köhler einmal formulierte: „Eine ganze Branche hat sich blind für Risiken an den Renditen berauscht.“ Alles wurde aufs Investment-Banking gesetzt. Jedwede Risiken wurden ausgeblendet.

Doch wie so häufig: nach dem Rausch folgt zumeist ein heftiger Kater. Denn mit der Weltfinanzkrise 2007 bis 2008 änderte sich alles schlagartig. Viele Institute konnten die Bilanzrisiken nicht mehr verkraften und wurden – wenn überhaupt – nur mit Staatshilfen gerettet. Es dauerte Jahre, um die Bücher zu bereinigen und viele Investoren verloren das Vertrauen in den Sektor. Anleger fassten Banktitel nicht mal mehr mit der Beißzange an.

Der lange Absturz des gesamten Sektors

Die Bankenaufsicht reagierte und verdoppelte die Eigenmittelanforderungen. Dies führte zu einer Profitabilitätskrise im Bankensektor, da bei unverändertem Eigenkapital nunmehr nur die Hälfte des früheren Geschäftes erlaubt war. Hinzu kam, dass die EZB die Bankeinlagen mit Negativzinsen bestrafte und durch Ankauf von Unternehmensanleihen im klassischen Kreditgeschäft als Wettbewerber der Banken auftrat.

Die Vertrauens- und Profitabilitätskrise führte dazu, dass der Banken-Sektor nur noch mit einem Bruchteil seines Eigenkapitals bewertet wird. Nehmen wir zum Beispiel den deutschen Branchenprimus, die Deutsche Bank. Sie notiert aktuell mit weniger als 40 Prozent des Eigenkapitals. Die Belastungsfaktoren Negativzinsen und Wettbewerb durch die Zentralbank sind nicht mehr vorhanden beziehungsweise laufen aus. Die Bank hat massiv Risiken abgebaut und die Eigenmittel-Relation hat sich maßgeblich verbessert. Dadurch sind zwar nicht mehr Eigenkapitalrenditen wie in den El Dorado-Jahren möglich, aber der Investor zahlt ja auch nur weniger als 40 Cent für den Euro an Eigenkapital. Mit anderen Worten: Die Kapitalrendite für den Aktionär beträgt das 2,5-Fache der Eigenkapitalrendite der Bank. Bei einem Return-on-Equity (RoE) von 8 bedeutet dies eine Rendite von 20 Prozent beziehungsweise ein KGV von 5. Teuer ist das ganz bestimmt nicht!

Es ist nicht länger gerechtfertigt, dass die Kurse der Banken unter der Krise leiden

Und auch aus europäischer Sicht haben sich die Aussichten für die Banken erheblich gebessert. Aktien europäischer Banken legten gemessen am STOXX 600 Banks-Index seit Jahresanfang um rund 18 Prozent zu – zehn Prozentpunkte mehr als der breite Markt. Das steigende Zinsniveau, die unerwartet robuste Wirtschaft sowie die Berichtssaison sorgten hier für Rückenwind. Angetrieben von sprudelnden Zinserträgen stieg der durchschnittliche Vorsteuergewinn um etwa 20 Prozent – zehn Prozent mehr als von Analysten zuletzt erwartet. Die Banken bildeten zudem Rückstellungen, während die Kreditausfälle auf niedrigem Niveau verharrten. Die harte Kernkapitalquote stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 13,4 Prozent, womit sie knapp drei Prozentpunkte über der Mindestanforderung der Europäischen Zentralbank lag.

Günstige Bewertungen

Auf der anderen Seite stiegen die Kosten, insbesondere infolge von Lohnerhöhungen, und das Kreditwachstum verlangsamte sich aufgrund der teureren Finanzierungskonditionen von rund sieben Prozent seit Mitte 2022 auf knapp fünf Prozent im vergangenen Dezember. Trotz der jüngsten Rally sind europäische Banken mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7,5 relativ günstig bewertet.

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds

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