Value-Kolumne

Bankenkrise? Ein differenzierter Blick lohnt sich!

Kolumnist -

Das Beben bei einigen Banken erschüttert die Märkte. Erleben wir eine neue Bankenkrise? Oder gar eine neue Finanzkrise. Ganz klar: Nein! Denn die Situation bei den betroffenen Banken ist jeweils komplett unterschiedlich.

Nehmen wir den Konkurs der Silicon Valley Bank (SVB) und die Probleme der Credit Suisse (CS). Die Gemeinsamkeit bei beiden ist der "Bank-Run", bei dem die Kunden ihre Einlagen aufgrund eines Vertrauensverlustes abziehen, aber die Gründe hierfür sind völlig verschieden. Die SVB verzeichnete ein starkes Einlagenwachstum und verdreifachte ihre Einlagen zwischen Ende 2019 und dem ersten Quartal 2022 auf 198 Milliarden US-Dollar. Ein Teil dieser kurzfristigen Einlagen wurde in langfristige Anleihen investiert. Als jedoch die Zinssätze stiegen, fielen die Anleihekurse. Aber die Anleihen wurden nicht wertberichtigt, da die Bank diese bis zur Fälligkeit halten wollte.

Unterschiedliche Bankenregulierungen in den USA und Europa

Die mangelnde Fristenkongruenz in der Bilanz wurde jedoch erst durch eine laxe Bankenaufsicht in den Vereinigten Staaten ermöglicht. Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 250 Milliarden Dollar unterliegen keinen strengeren aufsichtsrechtlichen Kontrollen. Und die SVB lag mit einer Bilanzsumme von 212 Milliarden Dollar unter dieser Schwelle für systemrelevante Banken. Dies ist auf ein von Donald Trump im Jahr 2018 unterzeichnetes Gesetz zurückzuführen, mit dem der Schwellenwert für systemrelevante Finanzinstitute von 50 auf 250 Milliarden US-Dollar angehoben wurde. In Europa und der Schweiz liegt diese Schwelle für systemrelevante Banken bei 30 Milliarden Euro, also viel niedriger als in den USA. Wäre die Silicon Valley Bank also in Europa tätig gewesen, wäre sie bedeutend strenger reguliert worden.

Credit Suisse machte Verluste, während andere Banken Milliardengewinne verzeichneten

Die Credit Suisse hingegen befand sich in einer heiklen Übergangsphase, nachdem im Oktober des letzten Jahres eine Restrukturierung des Konzerns angekündigt wurde. Diese führte zu einem Verlust von 7,3 Milliarden Schweizer Franken, während andere europäische Großbanken Milliardengewinne erzielten. Dies hat zu einem Vertrauensverlust in die Credit Suisse geführt, der durch den Konkurs der SVB und eine Erklärung der Saudi National Bank, einem Großaktionär der CS, noch verstärkt wurde. Dieser gab bekannt, dass er bei einer weiteren Kapitalerhöhung die Anteilsschwelle von zehn Prozent - aus Regulierungsgründen – zu beachten habe. Das Vertrauen war damit dahin.

CS-Probleme waren hausgemacht und haben kaum Auswirkungen auf andere Institute

Es bleibt somit festzuhalten: Die Schwierigkeiten der Credit Suisse waren hausgemacht und deuten nicht auf allgemeine Probleme im europäischen Bankensektor hin. Ergeben sich aus der Rettung der CS nun Probleme für andere Institute? Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat dazu geführt, dass rund 16 Milliarden Franken an nachrangigen Anleihen, sogenannten „Additional Tier 1 Bonds“ (AT1), als mehr oder weniger wertlos erklärt wurden. Dies kann zwar andere Kreditinstitute betreffen, die diese Anleihen halten, dürfte aber deren Existenz nicht gefährden. Die Deutsche Bank zum Beispiel hat erklärt, dass sie in diesen AT1-Anleihen der Credit Suisse "fast null" engagiert ist und daher von dem absehbaren Totalausfall kaum betroffen ist.

Wir halten an der Übergewichtung des Finanzsektors fest

Wir halten daher an unserer Übergewichtung im Finanzsektor fest. Wir haben zwar die Aareal Bank, die aufgrund eines Abfindungsangebots nur einen geringen Kursrückgang verzeichnete, aus dem Portefeuille verkauft, aber dafür im Gegenzug die Gewichtung in Deutsche Bank und Aegon erhöht. Hier sehen wir keinen Vertrauensverlust.

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds

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