Exner-Kolumne

Biotechnologie – eine riskante Wette auf die Zukunft

Kolumnist -

An der Börse wird spekuliert. Auf künftige Umsätze und Gewinne, steigende Kurse, gesunde Geschäftsmodelle und Vieles mehr. Sollten deswegen auch hochriskante Wetten eingegangen werden? Wir sind der klaren Meinung „nein“!

So verhält es sich auch bei unseren Investments in Biotech-Unternehmen. Wir sind hier vorsichtig, denn viele Biotechs sind reine Wetten auf den Durchbruch eines Medikaments oder den Forschungserfolgs eines Wirkstoffs. Das kann gut gehen, ist aber ein hohes Risiko. Wir hatten schon bei Auflage des Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig festgelegt, dass wir nicht in Ein-Produkt-Unternehmen investieren oder „Forschungswetten“ eingehen, da das Risiko schwer einzuschätzen ist. Und Biotechunternehmen sind oft genau das. Das zeigt schon die Statistik.

Kaum Umsätze, kaum Gewinne

Schauen wir zum Beispiel auf den NASDAQ Biotechnology Index, so haben von den 370 Unternehmen im letzten Jahr 308 keinen positiven „freien Cashflow“ erwirtschaftet, sprich sie sind von externem Kapital abhängig. 312 Unternehmen schreiben operativ Verluste, sie haben ein negatives EBIT.  

Der Bereich Biotechnologie gehörte in den letzten Jahren zu einem der schwächsten Sub-Sektoren im Gesundheitsbereich. Die Bewertungsentwicklung konnte mit dem Gesamtmarkt nicht mithalten. Auf Sicht von fünf Jahre ist Biotechnologie der schwächste Sub-Bereich im MSCI World Health Care Index. Entsprechend sind auch wir vorsichtig, wenn es um Investments in diesem Bereich geht.

Corona-bedingte Gewinner BioNTech und Moderna

Natürlich gibt es auch positive Ausnahmen. Biotechnologie war Covid-bedingt medial positiv besetzt: Die Leistungskraft von Unternehmen wie Moderna und BioNTech hat eindrucksvoll vor Augen geführt, wie erfolgreich Unternehmen in dieser Branche arbeiten können. Aber auch hier dürfte der Covid-bedingte Umsatz- und Ertragssprung die Höchstgrenze erreicht haben. In den kommenden zwei Jahren ist deshalb eher mit rückläufigen Zahlen zu rechnen. Aber die Covid-Umsätze und Gewinne sind aus medizinischer Sicht ein Segen für die Unternehmen, da sie immense Liquidität geschaffen haben und so die Firmen ihre Forschung z.B. in der individuellen Krebstherapie mit Hochdruck vorantreiben können. Hier ist langfristig viel Positives zu erwarten. Es wäre jedoch naiv zu glauben, dass derartige Blockbuster-Umsätze und Erträge, wie bei den Covid-Impfungen, zeitnah durch neue Produkte wiederholt werden können. So weit sind nach unserer Einschätzung die kommenden Produkte in der Forschungspipeline noch nicht.

Probleme selbst bei breitaufgestellten Konzernen  

Aber auch die breit aufgestellten Unternehmen aus dem Biotechnologiesektor sind immer wieder mit Problemen behaftet. Ein Beispiel ist etwa Abbvie, das starke Gewinne und hohe Cashflows ausweist und eine ansprechende Dividende zahlt, aber auch Probleme hat: Mit Humira hat das Unternehmen ein Produkt im Portfolio, das in den USA kurz vor Patentauslauf steht. Dieses Produkt macht allerdings mehr als 40 Prozent der Gesamtumsätze des Konzerns aus. Sprich: Abbvie steht vor der Gefahr eines massiven Umsatz- und Ertragsrückganges ab 2023. Ähnlich sieht es bei Biogen aus. Auch hier fehlt es an einer belastbaren, breiten Pipeline an Umsatzträgern. Zuletzt war das Unternehmen mit dem viel diskutierten Alzheimer Medikament Aduhelm in den Schlagzeilen. Die Kosten für dieses Medikament wird nach aktuellem Stand vom amerikanischen Versorgungssystem Medicare (CMS) nur sehr limitiert erstattet. Die Risiken für die Kalkulation künftiger Erträge sind entsprechend hoch.

Keine nachhaltigen Erträge – sehr hohe Risiken

Darauf hat auch Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer, der Initiator und Namensgeber unseres Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig, bei einem Webinar bei „FondsRadar“ hingewiesen (https://diefondsplattform.de/mediathek/detail/m/biotechnologie). Auf der einen Seite, so Prof. Grönemeyer, sei der Bereich Biotechnologie hochinteressant, weil er die Zukunft der Medizin mitbestimmen wird. Auf der anderen Seite hat das Asset Management vor allem die Interessen der Anleger zu wahren. Und hier bergen Biotech-Unternehmen sehr hohe Risiken mit denen nachhaltige Erträge häufig nur schwer einzuschätzen sind. Diese wollen wir aber unseren Investoren bieten. Deshalb ist der Sektor nur ein kleiner Randbereich im Fonds, wir sind hier vorsichtig und investieren nur äußerst selektiv  Zulassungs- und Ein-Produkt-Wetten gehen wir nicht ein.

Über den Autor: Christian Exner ist Mitglied im Fondsberater-Team des Grönemeyer Gesundheitsfonds Nachhaltig  

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