Studie

Family Office heute und 2030

Redaktion -

Das "Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen" (FIF) unter Professor Reinhard Prügl hat jüngst eine Studie mit dem Titel „Family Office 2030“ vorgelegt.

Die Studie beinhaltet eine auf Befragungen fußende Bestandaufnahme der aktuellen Lage der Family Offices in Deutschland sowie einen Ausblick auf die erwartete Entwicklung bis 2030. Basis der von Clemens Krüger geleiteten Studie sind Befragungen. Zum einen führten die Studienautoren 17 qualitative Interviews mit Personen aus dem Bereich Unternehmen / Family Office. Zum anderen ließen sie 62 Personen aus den Bereichen Single Family Office (SFO) und Multi Family Office (MFO) einen standardisierten Fragebogen ausfüllen, der statistisch ausgewertet wurde. Diese Gruppe setzte sich zusammen aus 34 Vermögensträgern von SFO, 3 Mitarbeitern von SFO, 8 SF-Officern, 8 Vermögensträgern von MFO und 9 Mitarbeitern von MFO. 63 Prozent der befragten Vermögensträger sind Gesellschafter eines Familienunternehmens und 34 Prozent haben zusätzlich zum Family Office eine Stiftung.

Die meisten der in der Studie erfassten Family Offices wurden zwischen 2000 und 2010 gegründet, sie sind also noch relativ junge Einrichtungen. Die Zahl der Family Offices, die nach 2010 gegründet worden ist, war deutlich geringer.

Nach dem Auslöser für die Gründung eines Family Offices fragte die Forschungsgruppe um Krüger ebenfalls. Am häufigsten genannt wurde „Diversifikation des Vermögens“ (45%), gefolgt von „Verkauf des Familienunternehmens“ (29%), „Verkauf von Unternehmensbeteiligungen“ (14,5%) und „Erbschaft“ (6,5%).

Im Folgenden referieren wir nur Ergebnisse der standardisierten Befragung (also des quantitativen Teils). Am Ende dieses Artikels befindet sich ein Link zur vollständigen Studie.

Breites Aufgabenspektrum von Family Offices

Welche Dienstleistungen bieten die an der Befragung beteiligten Family Offices derzeit an und welche sollen es im Jahr 2030 sein? 

Ungefähr drei Viertel der Family Offices bieten keine Vermögensverwaltung (74,19%) und das dürfte auch 2030 noch so sein. Das bedeutet anders formuliert, dass ein Viertel der Family Offices keine Vermögensverwaltung durchführt und das auch nicht vorhat. 77 Prozent zählen die Überprüfung der Anlagestrategie (77,42%) zu ihren Leistungen und das soll im Wesentlichen so bleiben. 83,87 Prozent bieten Beratung zur Asset Allocation an, hier wird bis 2030 ein Rückgang um rund 10 Prozentpunkte erwartet.

Das potentielle Aufgabenspektrum von Family Offices geht weit über die „klassische“ Geldanlage hinaus. Die Befragten erwarten bis 2030 einen deutlichen Bedeutungszuwachs von familienspezifischen Leistungen wie: Family Education, Family Governance oder Nachfolgeberatung. Stiftungsbewirtschaftung und Administration der Philanthropie sollen bis 2030 gleichfalls wichtiger werden. Das gilt auch für die Vermittlung von IT-Beratung sowie Leistungen für Sicherheit und Personenschutz (siehe hierzu Artikel in dieser Ausgabe von Christian Schaaf).

Investmentziele und Assetklassen

Welche Investmentziele priorisieren Family Offices? Der Vermögenserhalt erhielt mit fast 75 Prozent die meiste Zustimmung, gefolgt von einem konstanten Cash Flow mit 58 Prozent. Impact Investments und absolute Rendite von X Prozent waren für 30 Prozent wichtiges Ziel, Philanthropie für rund ein Viertel der Befragten.

Eine der standardisierten Fragen lautet: „Wie schätzen Sie die Wichtigkeit der folgenden Assetklasse ein?“ Zu bewerten waren 21 Vermögensklassen. Die Ratingspannweite lag zwischen 1 (unwichtig) und 5 (sehr wichtig). Bewertungen wurden für „heute“ (2023) und 2030 abgegeben.

Generell bevorzugen die Befragten vor allem Sachwerte, gegenwärtig vor allem Aktien (Wichtigkeit heute: 4,19), Private Equity Fonds (4,08), Immobilien (4,06); aber eben auch Liquidität (3,84). Diese vier Assetklassen bilden eine Gruppe höherer Wichtigkeit (oberhalb 3,5). Zur Gruppe mit geringerer Wichtigkeit (unter 2,5) zählen aktuell u.a. Wandelanleihen, Genüsse, Kryptos, Staatsanleihen und knapp auch Hedge Fonds sowie Kunst.

In der Einschätzung für 2030 wächst die Gruppe der wichtigeren Assets (oberhalb 3,5) von 4 auf 7 Assetklassen an. Es kommen hinzu: Private Equity Direktinvestitionen, Private Debt und Infrastruktur. Zugleich nimmt die Zahl der Assetklassen mit geringerer Wichtigkeit (unter 2,5) von 6 auf 1 (Genüsse) ab. Insgesamt erhöht sich das Wichtigkeitsrating 2030 in 18 der 21 Assetklassen teils deutlich, 2mal nimmt es minimal ab (Optionen, Private Equity Fonds) und 1mal ist es unverändert (Fixed Income). Das kann man so deuten, dass Family Offices bestrebt sind, das Anlageuniversums in seiner ganzen Kategorienvielfalt besser auszuschöpfen als bisher.

Reaktionen von Family Offices auf „Makro-Schocks“

Das FIF fragte auch nach den Auswirkungen von einschneidenden wirtschaftlichen und politischen Ereignissen der vergangenen Jahre auf die Anlagestrategie von Family Offices. Die Antworten geordnet nach Wichtigkeit waren: Inflation; Klimawandel; Ukraine-Krieg; Corona-Pandemie; Niedrigzinsumfeld; Finanzkrise 08 ff; Handelsstreit USA-Europa; Handelsstreit China-USA; Brexit. Die ersten vier Ereignisse sind noch aktuell oder liegen nicht lange zurück und hatten oder haben teils massive Verwerfungen zur Folge. Sie sind im Bereich der höheren Wichtigkeit (über 3,5) und erzielen teils Werte deutlich über 4. Die letzten vier Ereignisse liegen mehr oder weniger lange zurück und wurden vermutlich zum Teil auch als weniger starke „Schocks“ erlebt, jedenfalls liegen sie unter der Wichtigkeits-Marke von 2,5.

Das FIF ermittelte zudem separat, wie Family Offices auf zwei massiv wirkmächtige Ereignisse der letzten Jahre reagierten, auf die COVID-19-Pandemie und auf den Krieg in der Ukraine seit Februar 2022.

In Reaktion auf die Corona-Pandemie erhöhten drei Viertel der Befragten die Aktienquote, knapp über 40 Prozent steigerten die Quote der Alternativen, ein Drittel erhöhte die Liquidität, während nur 12 Prozent die Anleihequote steigerten. Das Anlageverhalten wurde also offensiver.

Ganz anders sah die Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine und auf die daraus resultierenden Folgewirkungen aus: Über 60 Prozent erhöhten ihre Liquiditätsquote und über 50 Prozent ihre Anleihequote. Die Aktienquote erhöhten nur 15 Prozent, aber offenbar fand eine breitere Umschichtung zugunsten ausländischer Aktien statt. Auch nutzten nun viele Family Offices mehr Instrumente, was in der Corona-Pandemie noch seltener der Fall war. Die Reaktion auf den Ukraine-Krieg war also defensiver als auf die Corona-Pandemie. Allerdings war auch das makroökonomische Umfeld ein anderes.

Family-Office-Spitze

Ein weiteres Thema der Befragung waren Merkmale der Family Offices selber. Die Fragen dazu betrafen FO-Spitze, Kommunikationsverhalten, Technologie und Governance.

Die per Befragung erfassten Family Offices unterscheiden sich im Hinblick auf die Führungsstruktur. In über einem Drittel der Fälle (36,20%) liegt die Leitung des FO beim „Vermögensträger“. Nicht ganz ein Drittel (29,30%) der FO greift auf einen externen Family Officer zurück. Und in 27,6 Prozent war eine Doppelspitze installiert. Differenziert man die Doppelspitze in externe und interne Führungspersonen, dann ergibt sich folgendes Bild: Extern / intern: 13,80%; intern/intern: 6,90%; extern / extern 6,90%.

Kommunikation Family Offices - Vermögensträger

Wie häufig kommunizieren Family Office und Vermögensträger miteinander? Die meisten FO nehmen einmal pro Monat (33,9%), einmal pro Quartal (29,34) oder einmal pro Jahr (20,34%) Kontakt mit den Vermögensträgern auf. Das scheint aus Sicht der Befragten zu wenig zu sein, denn anders kann die Einschätzung kaum gedeutet werden, dass 2030 die Kontakthäufigkeit höher sein wird. Am stärksten ist diese Veränderung bei den täglichen (von 1,69 gegenwärtig auf 10,17 Prozent im Jahr 2030) und den wöchentlichen (von 6,78 auf 33,03) Kontakten. Während also 2023 nur 16,34 Prozent der Family Offices mindestens einmal wöchentlich kommunizierten, sollen es im Jahr 2030 über 43,2 Prozent sein. Moderate Verringerungen werden bei monatlichen und quartalsweisen Kontakten erwartet, eine große Verringerung bei den jährlichen (von 20,34 auf 0).

Technikeinsatz

Digitalisierung stellt auch an Family Offices hohe spezifische Anforderungen. Daher wurde nach der Position eines eigenen Technologie-Expertise gefragt. 10 Prozent beschäftigen gegenwärtig einen Technologieexperten, über 58 Prozent der Befragten planen in Zukunft eine solche Position ein. Das zeigt, welche Wichtigkeit diesem Thema zukommt.

Auf die Frage, welche IT-Anwendungen vom Family Office umgesetzt werden, liegt „ständig verfügbare Performancewerte der Assets“ mit über 82 Prozent ganz vorne. Es folgen Nutzung einer „gemeinsamen digitalen Dokumentenbibliothek“ mit 50 Prozent und Cloud Services mit 40 Prozent. Über 20 Prozent der befragten FO setzen künstliche Intelligenz ein, knapp 13 Prozent Blockchain-Technologien und 8 Prozent Robo Advisory; das ist auch der Prozentsatz der vollständig digitalen Kundenbetreuung.

Governance

Familien können einerseits über die Besetzung der Spitze das Family Office steuern, andererseits hat ein Family Office auch mehr oder weniger starke Steuerungswirkungen auf die Familie(n) selber. Der Fragebogen enthält dazu 16 Items aus dem Bereich der Familien-Governance. Den höchsten Wichtigkeitswert in der Gegenwart hatte bei der Befragung der Punkt „Festgeschriebene Familienwerte“ (3,98), gefolgt von „Gesellschafterpositionspapier“ (3,92), Family Days (3,84), Nachfolgeplan (3,79) und Family Education (3,76). Nicht ganz so wichtig sind gegenwärtig noch Investment-Council (3,39), Notfallkoffer (3,40), Familienrat (3,44) oder Familienverfassung (3,47). Das sind die Items mit dem geringsten Wichtigkeitswert. Aber Minimalwerte deutlich über dem Skalen-Mittelwert 3 besagen, dass alle 16 Punkte wichtig sind. Bemerkenswert ist, dass die Wichtigkeitsbewertung für das Jahr 2030 für alle 16 Items höher ist als für 2023. Den größten Wichtigkeitssprung macht hier die Familienverfassung (4,04), groß ist er auch für das Investment-Council (3,85), Konfliktlösungsmechnismen, Nachfolgeplan und Familiencharta.

Schluss

Die Studie des Instituts für Familienunternehmen zeigt, dass Family Offices mehr sind als Vermögensverwaltungen. Sie müssen nicht einmal Vermögensverwaltungen sein, in der Studie kommt ein Viertel der Family Offices ohne diese Funktion aus.

Die Untersuchung macht überdies deutlich: Zu den zentralen Aufgaben eines Family Office gehört auch die „Familienverwaltung“. Dafür spricht der Governance-Instrumentenkasten, der kaum weniger beeindruckend bestückt ist als der Werkzeugkasten fürs Wealth Management. Die Volatilität von Assets dürfte aber einem Family Office weniger Sorgen bereiten als die Volatilität von Familienmitgliedern, deren Verhalten vom Erwartungswert weit abweicht. Während man Assetvolatilität zu nutzen versucht, möchte man Verhaltensvolatilität in wesentlichen, die Familiendynastie gefährdenden Dingen verhindern. Das Family Office ist daher auch eine organisatorische Form zur effektiveren Selbstregulierung von Familien.

Link zur Studie: „Family Office 2030. Herausforderungen und Erfolgsfaktoren“

Zurück