Immo-Kolumne

Family Offices treiben Wende am Immobilienmarkt voran

Kolumnist -

Aufgrund der seit 2022 stark gestiegenen Zinsen kam der Immobilienmarkt massiv unter Druck. Doch inzwischen dürfte das Schlimmste überstanden sein. Insbesondere Family Offices könnten nun für wichtige Impuls sorgen. Von Gerd Hübner

Der Immobilienmarkt hat keine einfache Zeit hinter sich. Die Zinswende im Juli 2022 hatte zusammen mit den Lieferengpässen infolge der Corona-Pandemie zu massiv gestiegenen Finanzierungs- und Baukosten geführt. Die Nachfrage nach Immobilieninvestments ging daraufhin deutlich zurück, die Preise sind zum Teil massiv gefallen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gaben die Preise für Wohnimmobilien hierzulande im vergangenen Jahr um 8,4 Prozent nach – das war der stärkste Rückgang seit der Jahrtausendwende. Noch heftiger erwischte es nach Zahlen des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken den Bereich der Gewerbeimmobilien mit einem Minus von rund zehn Prozent.

Gleichzeitig brach das Transaktionsvolumen 2023 deutlich ein, während nach Angaben des international tätigen Datenanbieters Drooms die Dauer von Immobilientransaktionen zugleich auf ein Rekordhoch gestiegen ist. Ausgelöst durch die bestehende Unsicherheit im Markt und die zunehmende Regulierung verlängerte sie sich hierzulande um 21 Tage. Die gute Nachricht aber: Es gibt erste Stabilisierungstendenzen. „Im Bereich Wohnimmobilien zum Beispiel sehen wir schon eine Bodenbildung bei der Preisentwicklung“, sagt Alexander Hupe, Chief Product Manager bei Myhouse. Gleichzeitig besteht – angesichts der zurückgegangenen Inflation – die Aussicht auf eine erste Zinssenkung im Laufe des Jahres.

Privates Kapital oft flexibler und schneller

Es könnte also jetzt der richtige Zeitpunkt sein, um nach Chancen am Markt zu suchen. Doch noch sind viele Investoren zurückhaltend. „Traditionell sind es aber Family Offices und Private-Wealth-Investoren, die den Transaktionsmarkt als erste wieder anschieben, und die in einen neuen Marktzyklus möglichst früh eintreten, weil sie attraktive Risikoprämien erwarten“, sagt Christoph Flügel, Vorstand von Arbireo Capital. „Und ich gehe davon aus, dass das auch dieses Mal so sein wird.“ Dass gerade Family Offices zu einer Wende am Markt beitragen könnten, hat gute Gründe. „Im Unterschied zu institutionellen Investoren müssen sie weder regulatorische Vorgaben beachten noch skeptische Gremien überzeugen“, sagt Peer Bender, CEO der ACRON AG. „Und das ist ein Vorteil, wenn man schnell und entschlossen handeln muss.“

Das beurteilt Moritz Kraneis, Gründer und Geschäftsführer der Deutsche Zinshaus Gruppe, ähnlich: „Bei Family Offices ist oft ausreichend Eigenkapital vorhanden, und da sie häufig unternehmerisch Handeln und Denken, verstehen sie die derzeitigen antizyklischen Opportunitäten am Markt.“ Zwar hat Bender festgestellt, dass Family Offices in den vergangenen ein bis anderthalb Jahren eher zurückhaltend mit Immobilieninvestments waren. „Aktuell aber beobachten wir, dass bei Family Offices das Interesse steigt, und sie dürften an vorderster Front stehen, wenn das Transaktionsgeschehen wieder Fahrt aufnimmt“, macht er klar.

DACH-Region als aussichtsreichster Markt

Dazu sieht Christoph Flügel noch einen weiteren Vorteil bei dieser Investorengruppe: „Privates Kapital ist nicht nur im Hinblick auf die Regulatorik flexibler, sondern auch, wenn es um die Finanzierungsstruktur und um den Zeithorizont einer Anlage geht“, sagt er. Das bedeute, dass manche Family Offices jetzt komplett mit Eigenkapital in den Markt gehen und ihr Investment zu einem späteren Zeitpunkt zu attraktiveren Zinskonditionen refinanzieren könnten. Chancen jedenfalls bieten sich reichlich. Grundsätzlich, so der „Drooms Immobilien Report 2024“, eine breit angelegte Umfrage unter Immobilienexperten, gelte die DACH-Region und damit eben auch Deutschland, als der attraktivste Investitionsstandort und aussichtsreichste Markt in Europa.

Christoph Flügel, Vorstand von Arbireo Capital

Genau hinsehen sollten Investoren aber bei den Nutzungsarten. Nach Ansicht von Experte Hupe bieten sich gerade im Bereich Wohnimmobilien derzeit Chancen. „Durch den rasanten Zinsanstieg und den energetischen Investitionsstau ergeben sich hier preisgünstige Möglichkeiten, wobei derzeit besonders Value-Add-Investments hoch im Kurs stehen“, sagt er. Zudem sorge die strukturelle Angebotslücke bei Wohnraum dafür, dass es auch spürbares Interesse an Wohnportfolios außerhalb der Top-7-Metropolen geben. Und das eröffne langfristig starke Wertschöpfungspotenziale.

Mehr Transaktionen

Kraneis geht auch davon aus, dass die Zahl der Transaktionen nun wieder steigen dürfte, weil sich dabei zunehmend kreative Wege für Transaktionen ergeben. „Die Bereitschaft der Banken, Immobilienprojekte zu refinanzieren, ist zurzeit gering“, sagt er. „Wer nicht refinanzieren kann, muss deshalb verkaufen. Das dürfte die Zahl der Transaktionen anschieben.“ Das Gleiche gelte nach seiner Erfahrung auch für Insolvenzverwalter und Mezzanine-Finanzierer, die in solchen Phasen dringend Käufer suchen. Und dabei kämen gerade Family Offices aus den genannten Gründen als Käufer in Betracht.

In der aktuellen Phase, nachdem der Markt erste Stabilisierungstendenzen zeigt, tätig zu werden, erscheint aus all diesen Gründen heraus sinnvoll. Wichtige Voraussetzung sei nach Ansicht der Experten dabei aber unter anderem ein starkes internationales Netzwerk. „Die Chancen, die sich derzeit ergeben, dürften vor allem jene Family Offices nutzen, die international aktiv sind, nicht die oft typisch deutsche Risikoaversion pflegen und kreativ bei der Eruierung von Anlagemöglichkeiten sind“, fasst Kraneis zusammen. Wer diese Voraussetzungen mitbringt, kann nach der schwierigen Phase am Immobilienmarkt jetzt tatsächlich langfristig werthaltige Objekte finden – bevor alle anderen in den Markt zurückkehren und die Preise wieder steigen.

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