Elmar Peines Meinung

Den Übergang schaffen

Elmar Peine -

Dass die Szene der unabhängigen Vermögensverwaltung (UVV) hierzulande vor einem Umbruch steht, ist nun wirklich keine Neuigkeit. Viele Private Banker, die sich ab Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrtausends selbständig gemacht haben und ihr Unternehmen noch heute selber leiten, sind in die Jahre gekommen und wollen und/oder müssen ihr Geschäft übergeben. Der lange angekündigte Generationenwechsel wird jetzt in vielen Häusern vollzogen, dabei folgt man ganz unterschiedlichen Modellen. Es gibt den Verkauf an einen Konkurrenten, eine Holding oder einen Finanzinvestor, die Fusion, das Schlüpfen unter ein Haftungsdach oder den Anschluss an ein Multi Family Office. Der Prozess ist in Gang gekommen, aber noch lange nicht abgeschlossen. Wichtig finde ich, dass Kunden, denen die Bankunabhängigkeit ihres Vermögensberaters wichtig ist, tatsächlich auch Experten finden, die nicht dem Verkaufsdruck unterliegen, wie er in Banken herrscht, dass Unabhängige die dortigen Interessenskonflikte nicht ausbalancieren müssen und ihre Dienstleistungen dennoch zu Bedingungen angeboten werden, die scharf kalkuliert sind.

Am wenigsten hat man das wohl zu befürchten, wenn die eigentümergeführten Verwaltungen mit dem Generationenwechsel einfach die Geschäftsführer wechseln und der Markt insgesamt polypol bliebe, also die Anzahl der Unabhängigen eher stiege als schrumpfe. Außerdem sollten gesetzliche Anreize geschaffen werden, dass Verwalter keine eigenen Fonds oder Zertifikate auflegen und wirklich nur managen; dass Kick Backs unterbleiben und sich öffnende Schlupflöcher schnellstmöglich wieder geschlossen werden. So würden die Erfolgsfaktoren der unabhängigen Vermögensverwaltung in Deutschland, Wettbewerb und angemessene Regulierung, am besten erhalten bleiben.  

Tatsächlich gibt es entsprechende Meldungen. Zuletzt verabschiedete sich etwa Roland Geh, Gründer und langjähriger Chef der Anceka Vermögensverwaltung, in den Ruhestand. Sein Sohn Christian ist seit einiger Zeit in leitender Funktion im Unternehmen beschäftigt. Für ein Fortbestehen der bewährten Unternehmenskultur ist so zum Beispiel in Memmingen und Kaufbeuren gesorgt.

Die Vielfalt des Angebotes würde wohl auch erhalten bleiben, wenn sich das sogenannte Haftungsdach-Modell durchsetzt. Tatsächlich bieten Haftungsdächer Vermögensverwaltern (oder auch -beratern) immer häufiger an, als vertraglich gebundene Vermittler ihre eigene Vermögensverwaltung be- und vertreiben zu können. Das Haftungsdach-Modell ist für Neueinsteiger, aber auch für Übernehmende schnell umsetzbar, erfordert keinen hohen Umstellungsaufwand und kostet im Betrieb meist nur eine flexibel ans Geschäftsvolumen angepasste Gebühr, ist für Verwalter also attraktiv. Die NFS Netfonds GmbH aus Hamburg ist zusammen mit der Schwestergesellschaft Hamburger Vermögen einer der aktivsten Protagonisten. Sie hat mittlerweile mehr als 400 „Vermittler“ angebunden, die über zwei Milliarden Euro verwalten. Ob dieses Modell insgesamt für den Markt und die Endkunden gut ist, dürfte davon abhängen, wie Haftungsdächer sich in Zukunft verhalten. Verstehen sie sich als Dienstleister der Dienstleister oder fangen sie an, die Verwalter als ihre Angestellten zu betrachten und Vertriebsdruck auszuüben? Es scheint gemischte Erfahrungen zu geben und insofern ist es für ein endgültige Bewertung noch zu früh. Meines Erachtens täte aber der Verband unabhängiger Vermögensverwalter gut daran, sich frühzeitig bei den Haftungsdächern für die Interessen einer „Unabhängigen Vermögensverwaltung unterm Haftungsdach“ einzusetzen. Das geschieht nämlich bislang noch so gut wie gar nicht.

Neben den Haftungsdächern sind Fusionen von UVVs oder Aufkäufe einzelner Vermögensverwalter Alternativen. Diese schränken den Wettbewerb sukzessive ein, aber andererseits werden die Mitarbeiter nicht unbedingt zu „Nur Vertrieblern“ degradiert. Außerdem kann die kaufende Verwaltung ja eine überlegenere Unternehmenskultur haben und diese dem gekauften Unternehmen „überstülpen“. Fusionen bzw. Aufkäufe sind zwar nicht die vorherrschende Lösung des Generationenwechsels, aber man sieht sie häufiger. Im letzten Jahr wurde etwa das Zusammengehen der Lunis AG mit Huber, Reuss & Kollegen bekannt. Ob es am Ende ein Aufkauf der Münchener durch die Frankfurter Gesellschaft, die zum Imperium von J.C. Flowers gehört, ist, muss sich zeigen. Immerhin deutet der gemeinsame Name "HRK Lunis" noch an, dass es eine Fusion unter annähernd Gleichen ist. Dass damit ein Wettbewerber weniger auf dem Markt ist, ist aber trotzdem sicher.      

Verwandt mit dem obigen ist auch das sogenannte Holding-Model, bei dem ein strategischer Finanzinvestor mit Blick auf die Skaleneffekte mehrere kleinere Verwalter aufkauft. Im Markt gibt es momentan mehrere Unternehmen, die diese Strategie verfolgen, was mit Blick auf die eher steigenden Provisionssätze und dem allgemein boomenden Geschäft der Unabhängigen verständlich ist. Zu den bekanntesten gehören Cinerius, die zuletzt den Düsseldorfer Verwalter VM aus dem von-Finck-Imperium aufkauften und damit jetzt insgesamt fünf ehemals unabhängige Vermögensverwalter unter ihrem Dach versammeln. Das Holding-Model wird auch von dem Hamburger Unternehmen Hövelrat Holding, die sich allem Anschein nach etwas stärker als Dienstleister ihrer bislang drei Beteiligungen sieht und hinter der Andreas Meißner steht, umgesetzt. Wenn dieses Modell die Zukunft der UVV in Deutschland eines Tages bestimmen wird, darf man sich darauf kaum freuen. Alle Holdings betonen zwar stets und immer, die Beteiligungen sollen ihre volle unternehmerische Autonomie behalten. Aber: Wers glaubt, wird seelig.

Eine Augenwischerei besonderer Art ist das Modell, das Unternehmen verwenden, die sich Family Office nennen. Ein Family Office sollte mehr noch als andere darauf achten, keine Interessenskonflikte zu haben, sollte also mindestens auf eigene Produkte, auf eigenes Vermögensmanagement, verzichten. Tatsächlich bieten die meisten „Multi Family Offices“ eine eigene Vermögensverwaltung und häufig auch eigene Produkte an. In einigen Fällen handelt es sich dabei sogar nur um billiges Robo Advisory. Man kann nur hoffen, dass sich dieses Modell nicht durchsetzt.  

Keine Frage: Eine starke und bankenunabhängige Vermögensverwaltung wird in Deutschland auch in Zukunft gebraucht. Deswegen ist es nicht egal, wie der Generationenwechsel in der UVV gestaltet wird. Gesetzgeber, Interessensvertreter und Marktteilnehmer müssen gemeinsam dafür sorgen, dass dabei der Wettbewerb im Sinne der Kunden erhalten wird. Monopolartige Strukturen mit der Dominanz eines oder weniger Wettbewerber, wie man sie von der „Bankenlandschaft“ zur Genüge kennt, Standardisierung auf niedrigem Niveau, nur glänzend verpackt, müssen auf jeden Fall verhindert werden. Und wir brauchen auch nicht noch mehr von kleinen oder mittleren Vermögensverwaltungen aufgelegte Fonds, die häufig doch nur dazu dienen, eine zusätzliche Einnahmequelle zu eröffnen. Hier die richtigen Anreize - und nicht nur Verbote – zu setzen, ist die eigentliche Herausforderung für den Gesetzgeber.

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