Kolumne Steuern und Regulierung

Neue Anforderungen an Vergütungssysteme für Wertpapierinstitute

Jürgen App -

Hintergrund

Ende Februar 2024 wurden die Mindestanforderungen an die Compliance (MaComp) durch die BaFin hinsichtlich der Anforderungen für Vergütungssysteme neu gefasst. Bereits im Januar 2024 erließ die BaFin außerdem die Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV).

Die MaComp sind für alle Wertpapierinstitute anwendbar, während die WpIVergV nur für die mittleren Wertpapierinstitute gemäß aufsichtsrechtlicher Definition und dort für die sogenannten Risikoträger gilt.

Die Neuerungen betreffen insbesondere Anforderungen zur Ausgestaltung und Auszahlung variabler Vergütungskomponenten der Geschäftsleitung und bestimmter Mitarbeiter.

Im Einzelfall muss das Vergütungssystem nach den Neuregelungen für alle Institute auch das vollständige Entfallen des variablen Vergütungsteiles gestatten. D.h. garantierte variable Vergütungen sind generell unzulässig (Ausnahme laut WpIVergV: Vergütungen, die an neue Risikoträger für das erste Anstellungsjahr gewährt werden, unter bestimmten Voraussetzungen).

MaComp - Welche Personen sind betroffen?

Betroffen sind alle Personen mit direktem oder indirektem Einfluss auf die erbrachten Wertpapier(neben)dienstleistungen oder das unternehmerische Verhalten. Entscheidend ist, ob die Vergütung oder sonstige Anreize einen Interessenkonflikt begründen können, der die betroffenen Personen veranlassen könnte, gegen die Kundeninteressen zu handeln.

MaComp - Wesentliche Neuerungen

Es sollen qualitative Kriterien berücksichtigt werden, welche die relevanten Personen dazu anhalten, im besten Interesse des Kunden zu handeln. Diese Kriterien sollen hinreichend und klar definiert und dokumentiert werden.

Die Vergütungssysteme müssen die effektive Durchführung von Kontrollhandlungen auch durch die operativen Bereiche vorsehen, um Versäumnisse festzustellen.

Außerdem sollten betroffene Personen „in Erwägung ziehen, nachträgliche Anpassungskriterien für die variable Vergütung in ihre Vergütungsgrundsätze und -verfahren aufzunehmen“. Damit entsprechende Anpassungskriterien sinnvoll sind, „sollten“ die Unternehmen die variable Vergütung teilweise verzögert auszahlen.

Überblick WpIVergV

Wesentliche Anforderungen der nur für die mittleren Wertpapierinstitute und dort für die sogenannten Risikoträger geltenden Adressatenkreis sind:

  • Ein Gesamtbetrag für die zu gewährende variable Vergütung muss in einem formalisierten, transparenten und nachvollziehbaren Prozess festgesetzt werden.
  • Mindestens die Hälfte der variablen Vergütung muss in unbaren Vergütungskomponenten bestehen.
  • Die unbaren Vergütungskomponenten sind mit einer Sperrfrist von i.d.R. mind. 1 Jahr zu versehen, nach deren Ablauf frühestens über die Vergütung verfügt werden darf.
  • Die Auszahlung von mind. 40 % der variablen Vergütung muss über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren gestreckt bzw. verteilt werden.
  • Bei „besonders hohen variablen Vergütungen“ erhöht sich diese Quote von 40% auf 60 % - der Betrag „besonders hohe variable Vergütung“ ist institutsindividuell zu definieren und darf max. TEUR 500 betragen.
  • Es ist eine Verminderung oder Rückzahlung der variablen Vergütung durch Malus- und Rückforderungsregelungen sicherzustellen; Rückforderungen müssen bis zu einem Jahr nach Ablauf des Zurückbehaltungszeitraumes möglich sein.

Wie verbindlich sind die Neuregelungen?

Bei den Anforderungen der MaComp handelt es sich überwiegend um Soll-Vorgaben durch eine Verwaltungsäußerung der BaFin. Die Anforderungen der WpIVergV sind eine rechtliche Verpflichtung; die vorstehend genannten Regelungen der WpIVergV sind erstmals mit Beginn des Geschäftsjahres 2025 anzuwenden. Eine Abweichung von den "soll"- und "sollte"-Vorschriften der MaComp ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch eine sorgfältige Begründung und eine entsprechende Dokumentation.

Möglicherweise sind die Neuregelungen in den MaComp von der Anforderungshärte auch deshalb etwas zögerlich formuliert, weil diese grundlegende Elemente unserer Rechtsordnung wie Privatautonomie und Vertragsfreiheit berühren.

Fazit

Für die mittleren Wertpapierinstitute und dort für die sogenannten Risikoträger sind die Anforderungen zwingend umzusetzen. Bei den Anforderungen der MaComp besteht dagegen ein gewisser Spielraum. Um aber ggf. an der bisherigen Praxis festzuhalten, in der die Mitarbeiter ihre variable Vergütung oft zeitnah und in voller Höhe erhalten, wird nun eine gute Begründung und Dokumentation erforderlich sein.

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