Private Equity

Private Equity: Trend zu Affluents?

Elmar Peine -

Je schwieriger es wird, im liquiden Anlagebereich ausreichende Gewinne zu erwirtschaften, desto stärker rücken auch für Vermögensverwalter alternative Renditequellen in den Vordergrund. Ein Kandidat dafür ist Private Equity. Sollte der Zugang zu dieser exklusiven Anlageklasse weiter geöffnet werden?

Private Equity gilt bislang als eine der Assetklassen, die den Unterschied zum (gemeinen) Private Banking ausmachen. Denn das Geschäft mit den vorbörslichen Beteiligungen ist mit einigen Hürden versehen. Da sind zum einen die gesetzlichen Regularien. Investoren müssen in den meisten Fällen den Semiinstitutionellen-Status erfüllen, was unter anderem bedeutet, dass die Mindesteinstiegshürde bei 200.000 Euro liegt. Und man sollte, so heißt es, auch über Netzwerke verfügen, die eine Teilhabe an den besten Fonds/Deals ermöglichen können.

Ein Haus, dem man das zutrauen darf, ist Finvia, ein junges Multi Family Office aus Frankfurt. Das Unternehmen besteht zwar erst seit zwei Jahren, hat aber schon mehr als drei Milliarden Euro under Control. Wie man das in so kurzer Zeit geschafft hat? Finvia ist von erfahrenen Family Officern gegründet worden, die lange für die HQ- bzw. Feri-Gruppe gearbeitet haben. Die Erben von Harald Quandt um deren Tochter Gabriele waren dem Vernehmen nach schon in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in alternative Investments, insbesondere in Private Equity investiert. 25 Prozent, so hieß es noch nach der Jahrtausendwende, hätte man mit den heißen Deals verdient, pro Jahr, versteht sich. Dass der Markt auch in den Zehner Jahren sich weiter gut entwickelte, zeigt etwa der Thomson Reuters Private Equity Buyout Index. Investments in weltweite Aktien sehen dagegen fast langweilig aus. 

 

Für den Zeitraum von 2011 bis 2017 berichten die PE-Experten von Preqin in ihrem 2021er Report, dass die durchschnittlichen Jahresrenditen bis heute von 14 auf über 19 Prozent angestiegen seien. Für danach aufgelegte Fonds werden Stand heute noch höhere Renditen erwartet. Die Ultrareichen, deren Anteil am gesamten Volksvermögen in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist, investieren schon fast 20 Prozent ihrer Assets in Private Equity, so lässt es Moritz von Rhein, PE-Chef des „digitalen Vermögensverwalters“ Liqid, in Schreiben an Interessierte verlauten.     

Solche Zahlen lösen in der Nullzinszeit Aufmerksamkeit und Interesse auch bei breiteren Anlegerklassen aus. Nicht wenige Marktbeobachter erwarten, dass PE bald, wie Infrastruktur oder Rohstoffe, für breite Anlegerkreise verfügbar sein wird. Bislang können etwa Kleinanleger zwar in die Aktien börsennotierter PE-Unternehmen wie Blackstone oder KKR investieren. Auch leicht zugängliche ETFs und aktiv gemanagte Fonds, die diese Aktien enthalten, sind verfügbar. Aber in deren Kursen sind die überdurchschnittlichen Gewinnaussichten schon eingepreist. Der Kern des PE-Geschäftes, die (geschlossenen) Beteiligungs-Fonds, die nicht börsengelistete Unternehmen erst kaufen und dann nach vielleicht fünf Jahren wieder an strategische Investoren oder via Börse an viele Anleger mit Gewinn veräußern, blieb bislang faktisch Institutionellen und UHNWI vorenthalten.  

Mindestens zwei Bedingungen müssen erfüllt sein, dass Private Equity in Zukunft in vielen Depots von „Normalreichen“ und semiinstitutionellen Anlegern wie Stiftungen auftaucht. Erstens müssen noch PE-Felder gefunden werden, die auch in Zukunft überdurchschnittliche Erträge versprechen. Und zweitens müsste es genügend Profis geben, die Anlegern diese Vorteile dann auch vermitteln.

Die erste Bedingung sieht Christian Diller, Managing Partner bei Montana Capital Partners (MCP) erfüllt an. Laut einer Studie, die MCP jährlich bei Investoren macht, erwarten Anleger, „dass Private Equity Investments weiterhin besser abschneiden als Publikumsmärkte.“ Die Deutsche Oppenheim, Marktführer unter den Multi Family Offices hierzulande, ist besonders für den Heimatstandort optimistisch. Deutschland bleibe „für Private Equity-Investoren weiterhin ein attraktives Investitionsgebiet.“ Von der Prüfungsgesellschaft PwC kommt Zustimmung. Sie hat 250 Marktteilnehmer befragt. „Ungefähr die Hälfte der Befragten gab an, dass Deutschland das attraktivste Land der Europäischen Union ist, um zu investieren.“ Besonders die vielen „Hidden Champions“ im deutschen Mittelstand würden in ihren jeweiligen Branchen oft den Ton angeben und seien daher für Finanzinvestoren weiterhin attraktiv.

Man sieht außerdem mindestens noch zwei chancenreiche Branchen: Zum einen komme dem „eher stiefmütterlich“ behandelten Thema des nachhaltigen Investierens „wieder mehr Bedeutung“ zu. In der Pandemie sei zudem deutlich geworden, „dass Unternehmen aus Branchen wie „E-Commerce“, der Kommunikationstechnologie und dem Gesundheitssektor ein­deutig zu den Gewinnern gehörten. Private Equity-Investoren, die bereits vor Corona in diesen Branchen eingekauft haben, konnten ihre Multiples und Renditen zum Teil stark verbessern bzw. die Wertverluste aus weniger erfolgreichen Branchen auffangen.“ Der Trend, so die Deutsche Oppenheim, werde „aller Voraussicht nach auch weiterhin bedeutend bleiben“. Beim Berliner digitalen Family Office Liqid hält man eine „Rendite von 10 Prozent in Zukunft für erreichbar.“

Im ersten Halbjahr 2021 hat der PE-Boom noch angehalten. 156mal, so viel wie in keinem Halbjahr zuvor, so PWC, kauften Finanzinvestoren Unternehmen. Bekannteste Beispiele: Brillenglashersteller Rodenstock und Schuhhändler Birkenstock. Ausstiegsmöglichkeiten waren ebenfalls reichlich vorhanden. Die strategischen Anleger, die in den meisten Fällen Exit-Partner für die PE-Finanzinvestoren sind, hatten noch nie so starke Konkurrenz von der Börse, die  als Exit immer häufiger gewählt wurde, berichtet E&Y in einer Analyse.  

Welchen Vermögensanteil an den PE-Fonds momentan „Normalvermögende“ und Klienten von unabhängigen Vermögensverwaltern beisteuern, ist unklar. Einige der größeren wie die Lunis AG (Mehrheitseigner: J.C. Flowers & Co.) haben Private Equity schon mit Unternehmensgründung (2017) als Kerndienstleistung definiert. Man freut sich, für die Kunden „attraktive Renditen erwirtschaftet zu haben“. Ein Vertriebsmitarbeiter von Liqid sieht auf Nachfrage eine „ganz klare Zunahme in diesem Bereich“ Thomas Hünicke von der WBS Vermögensverwaltung in Düsseldorf hält ihn dagegen für „noch nicht sehr groß“. Zu viele Investoren seien durch die riesigen Schwankungen der Investments abgeschreckt oder hätten schon schlechte Erfahrungen gemacht. Trotzdem zweifelt er nicht daran, dass der Anteil von vermögenden „Kleinanlegern“ in Zukunft wachsen könnte. Er selbst hat für seine Kunden in keinen der klingenden und manchmal gefürchteten Namen wie Cerberus, Apollo oder Permira investiert, sondern in ein Anlagevehikel, das von einem auf den niederländischen Mittelstand fokussierten Ingenieur gesteuert wird. Schon für Anlagesummen ab 100.000 Euro konnte er für zwei seiner Kunden Fondsanteile erwerben. Nach nicht einmal fünf Jahren rentieren die mit über 80 Prozent. Er würde gerne mehr investieren, „aber das Vehikel ist momentan geschlossen“. Es gibt auch Investments, mit denen Anleger ab 200.000 Euro in die großen Beteiligungsfonds investieren können. Liqid schleust seine Kunden in einen PE-Dachfonds, der wiederum in einige der manchmal schon legendär anmutenden Beteiligungsfonds der oben genannten Gesellschaften investiert.

Ob sich damit tatsächlich ein neuer Trend andeutet und Private Equity bald zu einer liquiden Assetklasse mutiert, inklusive der Anpassung der Renditen an das Niveau sonstiger liquider Anlagen oder ob die ganz Reichen nur Abnehmer für ihre Finanzanlagen in einem eh schon hoch bewerteten Umfeld suchen, um ihre Gewinne realisieren zu können, wird sich zeigen. Riskant wird das Geschäft wohl allemal bleiben.

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