Finanzmarktforschung

Replikationskrise?

Redaktion -

Risiko-Faktoren: Doch keine Replikationskrise?

Autoren: T.I. Jensen, B. Kelly, L.H. Pedersen; u.a. Copenhagen Business School u. Yale School of Management

Zusammenfassung: Replikationskrisen gibt es in einer Wissenschaft dann, wenn gezeigt werden kann, dass (zu) viele Studienergebnisse von Peer-Forschern nicht reproduziert werden können. Die größte öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Problem erfolgte 2005, als der Medizinstatistiker John Ioannidis in Bezug auf die medizinische Forschung den Artikel veröffentlichte, "Why most published research findings are false". 

Eine Replikationskrise gibt es aber möglicherweise auch in der Finanzmarktforschung bei der Identifikation von Anomalien bzw. Risiko-Faktoren, die systematische Extraerträge erklären sollen. Harvey, Liu und Zhu etwa kamen 2016 zu dem Schluss, dass die meisten Ergebnisse in diesem Feld wahrscheinlich falsch seien. In den letzten Jahren kam eine ganze Reihe von Studien zu dem Ergebnis, dass die wissenschaftliche Basis für „factor investing“ nicht solide sei, dass sich viele der identifizierten, mit der Zeit stark vermehrten Faktoren in anderen Untersuchungen nicht als Renditefaktoren bestätigen ließen. In diesem Zusammenhang sind zwei Gründe für falsche Ergebnisse zu unterscheiden. Erstens fehlende interne Validität: Die Ergebnisse lassen sich auf Basis derselben Daten nicht reproduzieren oder dies misslingt, wenn man die Methode oder die Datenselektion geringfügig verändert. Zweitens fehlende externe Validität: In diesem Fall kann zwar das Ergebnis repliziert werden, aber es kann zugleich p-hacking nachgewiesen werden. P-hacking ist vereinfacht gesagt die Kunst der Forscher, aus einem „in Wahrheit“ statistisch nichtsignifikanten einen signifikanten Zusammenhang zu machen. Eine Methode, um p-hacking zu identifizieren, sind Meta-Studien, eine davon führten die eben zitierten Finanzwissenschaftler Harvey, Liu und Zhu durch.

Die im Mai 2023 auf der Plattform von „The Journal of Finance“ online veröffentlichte Studie von Jensen, Kelly und Pedersen geht aber anders vor. Sie kommt auf der Basis eines neuen Modells und neuer Daten zu dem Ergebnis, dass die meisten von Studien identifizierten Faktoren sich als Renditequellen replizieren ließen. Als Startpunkt ihrer Analyse nehmen sie die Ergebnisse einer Studie von Hou, Xue und Zhang (Replicating Anomalies, 2020), die zu dem Schluss kamen, dass sich nur 35 Prozent der Faktoren replizieren ließen. Durch Modifikation in 5 bzw. 6 Schritten erhöhen Jensen, Kelly und Pedersen diese Rate auf 82,4 Prozent. Die stärksten Beiträge zur Hebung der Replikationsrate ist das eigene Bayessche Modell und die Verwendung von CAPM-Alphas (statt von simplen Renditen). Man darf also gespannt sein, ob sich die Ergebnisse der drei Finanzmarktforscher replizieren lassen.

Link zu Studie: Is There a Replication Crisis in Finance?

Jensen, Kelly und Pedersen machen überdies eine globale Daten-Bank zu 153 Faktoren für die Finanzmarktforschung online zugänglich.

Link zur Faktordatenbank 

 

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