VV-Kolumne

Rohstoffe aus dem Gleichgewicht: Das passiert bei Öl, Kupfer & Gold

Gastautor -

von Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege bei der Spiekermann & CO AG in Osnabrück

Rohöl: „Peak Oil“ kommt nicht vor dem Jahr 2035

Angebot: Rohöl ist in Verruf geraten, da es als wichtiger Faktor für die Emission von Kohlendioxid gilt. Daher wurden über Jahre erheblich weniger neue Vorkommen erschlossen, was langfristig das Angebot verknappen wird. Denn bis neue Ölquellen erschlossen und nutzbar gemacht werden können, dauert es rund ein Jahrzehnt. Großbritannien etwa hat erst vor kurzem entschieden, neue Vorkommen zu erschließen!

Nachfrage: Dem geringeren Angebot steht der Bedarf der Schwellenländer nach Öl gegenüber. Deren Bedarf wird im Lauf der nächsten Jahre nicht zurückgehen, sondern noch deutlich steigen. So wird erwartet, dass die Ölnachfrage in Indien bis 2050 um 80 Prozent steigen wird. Der sogenannte „Peak Oil“ als der Zeitpunkt, ab dem die globale Ölnachfrage sinken soll, wird nun auf 2035 taxiert.

Konsequenz: Über mehrere Jahre noch dürfte der Ölpreis von diesem Ungleichgewicht unterstützt werden. Verknappt die OPEC die Fördermenge zusätzlich, sind zudem kurzfristige Preissprünge möglich. Lediglich eine scharfe Rezession könnte den Aufwärtstrend unterbrechen.

Kupfer: Energiewende trifft auf niedrige Lagerbestände

Angebot: Anders als Rohöl ist Kupfer nicht in Verruf geraten, dennoch haben wir es auch hier mit historisch niedrigen Lagerbeständen zu tun. Bei Minen braucht es teilweise noch mehr Zeit vom ersten Fund bis zur vollständigen Nutzung als bei Ölfeldern. Zeiträume von zehn bis 15 Jahren sind keineswegs eine Seltenheit.

Nachfrage: Das Ungleichgewicht bei Kupfer wird vor allem von der Nachfrage Chinas getrieben, das die Hälfte der globalen Kupferproduktion abnimmt. Zwar schwächelte der Preis wegen der dortigen Immobilienblase in diesem Jahr etwas, doch ist klar: Die globale Nachfrage nach dem roten Metall, das unter anderem für Photovoltaik, Windräder oder Elektroautos unverzichtbar ist, wird wegen der Energiewende in den USA, Europa und Fernost noch spürbar zunehmen.

Konsequenz: Das Kräfteverhältnis zwischen wachsender Nachfrage, geringen Lagerbeständen und langen Erschließungszeiten für Minen sollte den Kupferpreis langfristig nach oben treiben.

Gold: Starke Nachfrage hebelt alte „Gesetze“ aus

Angebot: Durch die Goldminen wächst die weltweit verfügbare Goldmenge jedes Jahr um etwa zwei Prozent – daran hat sich auch nichts geändert.

Nachfrage: Was sich ändert, ist: Die Notenbanken der Schwellenländer kaufen Gold in einem bislang unbekannten Ausmaß, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren. Deutlich wurde dieses Bestreben darin, dass die BRICS-Staaten eine goldgedeckte Handelswährung ins Leben rufen wollen, um unabhängiger vom US-Dollar zu werden. Diese starke Nachfrage äußert sich im Goldpreis: Obwohl die westlichen Notenbanken die Zinsen seit 2022 sehr schnell angehoben haben, kam Gold als „zinsloses Asset“ viel weniger unter Druck, als Beobachter erwartet hatten.

Konsequenz: Wenn Staaten wie Brasilien, Indien und China ihre Strategie mit der goldgedeckten Handelswährung verfolgen, dürfte sich das Realzins-Niveau im Westen weniger stark auf den Goldpreis auswirken wie bisher. Sinken die Zinsen und damit der Realzins indes wieder, könnte das auf das Edelmetall wie ein „Booster“ wirken.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/

Zurück