Digital-Kolumne

Schwankende Plattformen

Elmar Peine -

Die Pandemie verbreitet auch nach mehr als einem Jahr Angst und Schrecken. Für digital gestützte Finanzdienstleistungen eigentlich eine erfolgversprechende Umgebung. Trotzdem lässt die Entwicklung der Robos, Marktplätze und Ausschreibungsplattformen zu wünschen übrig.

 

Vor wenigen Wochen veröffentlichte die Uni Aschaffenburg die Ergebnisse ihrer Umfrage zum Thema Unabhängige Vermögensverwaltung. Wie immer hatten die Leute um Prof. Webersinke genau nachgefragt nach Umsatz, Kundenzusammensetzung und Angebotsbreite. Auch die digitale Vermögensverwaltung kam zur Sprache. Eigentlich sollte diese Sparte, in der – ohne den persönlichen Kontakt - die Online-Abwicklung möglich ist, an Fahrt gewonnen haben. Tatsächlich war die Pressemitteilung überschrieben mit: „Robo Advisor lassen Vermögensverwalter kalt“. Zuvor hatte schon der Private Banker (s. Ausgabe 03 2021) berichtet, dass die Verwalter ihre Robos teilweise schon wieder abschalten.

Auch den Marktplätzen geht es nicht besser. Die V-Bank aus München hatte vor einiger Zeit den Marktplatz V-Check eingerichtet, auf dem Vermögensverwalter ihre digitalen Angebote feilbieten können und interessierte Kunden in wenigen Schritten und online ein Depot eröffnen und mit geringen Einsätzen eine professionell gemanagte Strategie erhalten können. Wer mit V-Check -Verantwortlichen redet und auf die Geschäftsdynamik zu sprechen kommt, hört nur Durchhalteparolen wie die, dass an der Digitalisierung kein Weg vorbeiführe oder die, dass mit einer neuen Generation (von noch nicht) Vermögenden der Kundennachwuchs herangeführt würde. Vor wenigen Tagen vermeldete die V-Bank Rekorde bei den Geschäftszahlen – vom Digitalen keine Rede.

Qinfen, der Marktplatz der DAB BNP Paribas Bank wurde erst gar nicht in Betrieb genommen. Seit mindestens 1,5 Jahren vertröstet die Website Qinfen mit „Coming soon“. Auch auf Finanzaussschreibung.de, der digitalen Ausschreibungsplattform (die wie der Private Banker zu Dr. Elmar Peine gehört), sind die Vermittlungszahlen „nicht in den Himmel geschossen“. Von den anderen Ausschreibungsplätzen etwa von firstfive.de oder institutional Money ist auch kein Jubel zu hören.

Warum profitieren die digitalen Angebote zum Thema Vermögensverwaltung nicht stärker von der Krise und den damit heruntergefahrenen persönlichen Kontakten? Ja, die Vermögensverwaltung ist eine Dienstleistung, die nicht ge-, sondern verkauft wird. Und ja, der Aufbau von Vertrauen, der Kern des Geschäftes, findet nun mal nur über den persönlichen Kontakt (oder meist gar nicht) statt. Und es stimmt auch, dass die Vermögenden zumeist noch einer Generation angehören, für die Online eher ein Zwang als eine Selbstverständlichkeit darstellt. Aber warum boomen Online-Apotheken, Essens-Bringer, Software für das Home Office, und und und, aber nicht die digitale Vermögensverwaltung? Ein Grund, der immer deutlicher wird: Auch die besten Angebote brauchen Marketing, um sichtbar zu werden. Und daran hapert es zumeist und vor allem, weil Online und Digital mit billig gleichgesetzt wird und weil die Anbieter darauf ihr ganzes Konzept aufgebaut haben.  Man dachte, sich mit günstigen Angeboten vom analogen Wettbewerb abzusetzen und quasi wie ein ETF zu wachsen, ohne Werbung nur mit der Kraft des (guten) Angebotes. Das aber funktioniert in vielen Fällen nicht. Weil die Leistungen so knapp kalkuliert sind, ist kein Geld für Marketing und schnell auch keines für eine Weiterentwicklung da. Was gutes Marketing bewirken kann, zeigt der Robo Advisor Scalable. Er kommt trotz steigerungsfähiger mit enormen Marketingaufwand auf mehr als drei Milliarden Euro an Assets under management; finanziert ist das übrigens in dem Fall zuvorderst nicht durch die Einnahmen der Verwaltung, sondern vor allem durch immer neue Kapitalgeber.

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