INVV (Institut für Vermögensverwaltung)

Die Lage der VVs

Lutz Siebentag -

 

Zur neuen Befragungs-Studie des Instituts für Vermögensverwaltung (InVV) der TH Aschaffenburg: „InVV Ergebnisse der siebten Befragung Februar/März 2020“

 

Das von den beiden Professoren Hartwig Webersinke und Antje Wendler gegründete Institut für Vermögensverwaltung (InVV) an der TH Aschaffenburg befragt jährlich Vermögensverwaltungen zu ihrer aktuellen Situation. Im Frühsommer legte das InVV die Ergebnisse der siebten Befragung vor, die im Februar und im März durchgeführt worden ist. Gegenstand war die Lage der Vermögensverwaltungen im Jahr 2019.

An der Befragung beteiligten sich dieses Mal 156 Vermögensverwaltungen, die Antworten von 135 konnten ausgewertet werden. Die Studie ist in vier Frageblöcke eingeteilt: Kundenstruktur, Mitarbeiterstruktur, Allgemeine Lage der Vermögensverwaltungen, Anlagestrategie.

Wir referieren im Folgenden einige wesentlichen Ergebnisse der Studie, die online noch nicht zugänglich ist, beim Institut für Vermögensverwaltung aber im PDF-Format bezogen werden kann.

 

Die Vermögensverwaltungen (VV) werden nach Größe des verwalteten Vermögens in vier Kategorien eingeteilt: 17 VV mit weniger als 50 Mio. Euro (die wir im Folgenden als U50 bezeichnen); 35 VV zwischen 50 und 150 Mio. Euro (U150); 46 VV zwischen 150 und 500 Mio. (U500); sowie 26 VV größer 500 Mio. Euro (Ü500). 11 VV machten keine Angaben zum verwalteten Vermögen.

 

Kundenstruktur

In der Gruppe U50 hat die Medianverwaltung 77 Kunden, das verwaltete Vermögen beträgt 15 Mio. Euro und sie hat 3,5 Mitarbeiter. In der nächstgrößeren Gruppe U150 hat die Medianverwaltung schon 200 Kunden, sie verwaltet 100 Mio. Euro und beschäftigt 5 Mitarbeiter. In der Gruppe U500 ist das Medianunternehmen für 350 Kunden mit 252 Mio. Euro Vermögen zuständig und benötigt hierfür 8 Mitarbeiter. In der Gruppe Ü500 betreut das Medianunternehmen 884 Kunden, es verwaltet 1.017 Mio. Euro und arbeitet mit 19,5 Beschäftigten. Bei den U50 sind 94 Prozent Privatkunden, dieser Anteil fällt mit der Größe auf bis zu 66 Prozent bei den Ü500, bei denen 26 Prozent der Kunden Unternehmen und sieben Prozent Stiftungen sind. Das Mindestvolumen liegt für standardisierte Vermögensverwaltungen zwischen rund 92.000 Euro (U150) und 520.000 Euro (Ü500), für die individuelle Vermögensverwaltung zwischen 280.000 Euro (U50) und 1,55 Mio. Euro (Ü500).

Je nach Gruppe werden 80 bis 90 Prozent der Kunden über Einzelmandate betreut. Die Anzahl der Kunden ist 2019 bei der überwiegenden Mehrheit der VV gestiegen oder – besonders bei den Ü500 –  stark gestiegen. Neue Kunden kamen, meist wohl durch persönliche Weiterempfehlung, vor allem von Banken, bei kleineren VV eher von Sparkassen und Raiffeisenbanken, bei größeren eher von Groß- und Privatbanken. Die verwalteten Vermögen sind im Verlauf des Jahres 2019 überwiegend gleichfalls gestiegen bzw. stark gestiegen, hauptsächlich durch die gute Performance, Gewinnung von Neukunden und Aufstockungen bei Bestandskunden.

 

Mitarbeiterstruktur

Die Zahl der Neueinstellungen von Mitarbeitern lag 2019 über der Zahl des abgebauten Personals. Vor allem in der Gruppe Ü500 stieg im Durchschnitt der Personalbestand. Die tägliche Arbeitszeit für den Kontakt mit Kunden wird zwischen knapp über 30 Prozent (U50, U150) und etwas über 40 Prozent (U500, Ü500) eingeschätzt. Die Arbeitszeit für regulatorische Maßnahmen hat nach dem Urteil der befragten Verwaltungen zugenommen und liegt zwischen 24 (Ü500) und 29 (U50) Prozent. Die Studienautoren schreiben: „Als unsinnigste regulatorische Maßnahme wurde MiFID II benannt.“ Abgelehnt wird insbesondere die Zielmarktbestimmung und die Telefonaufzeichnung.

Bei der Qualifikation dominieren Praktiker, also Mitarbeiter mit Ausbildung zum Bank- oder IHK-Kaufmann, aber der Anteil von Personal mit Studienabschluss oder Zusatzqualifikation ist gleichfalls beachtlich. Die meisten der befragten Unternehmen sind Mitglieder des VuV, allerdings sind es z.B. bei den U50 „nur“ 59 Prozent, während die U500-Gruppe mit 96 Prozent ein Maximum erzielt. Positiv schätzt man am VuV insbesondere Lobbyarbeit, Unterstützung bei regulatorischen Themen und die VuV-Akademie, Verbesserungspotential sieht man unter anderem im Hinblick auf Angebote von Online Schulungen/Webinaren. Die meisten VV benoten die Unterstützung durch die Depotbank mit einer 2 (gut), die zweithäufigste Note ist eine 3 (befriedigend), die dritthäufigste eine 1 (sehr gut).

 

Lage der Vermögensverwaltungen

Die Eigenkapitalrentabilität vor Steuern liegt bei der einfachen Mehrheit der Verwaltungen bei 30 Prozent oder mehr. Die Ergebnisse waren 2019 gegenüber dem Vorjahr mehrheitlich deutlich erfreulicher, was vor allem an der Kapitalmarktentwicklung und Neukundengewinnung lag. Die Cost-Income-Ratio hat sich 2019 gegenüber dem Vorjahr verbessert, der Median pro Gruppe liegt zwischen 70 Prozent (Ü500) und 80 Prozent (U500, U150). Weniger als ein Drittel der Verwaltungen bietet Honorarberatung an, nur bei kleineren VV sind es etwas mehr. Den größten Effekt zum Ertrag steuern erfolgsunabhängige Honorare bei, gefolgt von Managementfees eigener Fonds (nicht bei U50) und erfolgsabhängigen Honoraren (bei kleineren VV wichtiger).

Ein Dauerthema ist die Digitalisierung, deshalb wurde auch dieser Komplex abgefragt. Die meisten VV fühlen sich von Robo-Advice nicht oder allenfalls schwach bedroht. Viele Vermögensverwaltungen treiben die eigene Digitalisierung weiter voran oder planen dies: 30 Prozent z.B. nannten unter den einzelnen Maßnahmen „Online-Onboarding“, ein größerer Teil würde auch zum Zweck der Digitalisierung auf externe Unterstützung zurückgreifen. Auch verstärkte Kommunikation mit Kunden können sich viele VV vorstellen, wobei hier Video-Telefonie oder Skype immer noch am beliebtesten sind. Eine relevante Rolle des Marktes für computergesteuerte Vermögensverwaltung erwarten die meisten Befragten bereits innerhalb der nächsten 5 Jahre. Gleichwohl will der überwiegende Teil der Verwaltungen angesichts neuer digitaler Herausforderer am eigenen grundlegenden Geschäftsmodell nichts ändern.

Die gegenwärtige Geschäftslage schätzen die meisten Häuser als gut, solide oder sogar sehr gut ein, das galt zum Befragungszeitpunkt auch für die Erwartungen für die nächsten 12 Monate. Als größte Herausforderungen der Zukunft gelten u.a.: zunehmende Regulierung, Mitarbeiterrekrutierung, Schnelllebigkeit der Finanzmärkte, aber auch Auswirkungen der Corona-Pandemie. Chancen sieht man u.a. im Personalabbau bei Banken zur Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern, in der Sparplan-Vermögensverwaltung oder der Erbengeneration.

 

Anlagestrategie

Aktien sind bei den Verwaltungen die beliebteste Anlageform (zwischen 40 und 50 Prozent), gefolgt von Rentenpapieren und von Mischfonds, während alternative Anlagen oder andere Rohstoffe als Gold eine relativ geringe Rolle spielen.

Kleinere Vermögensverwaltungen passen die Portfolios durchschnittlich fast 8 mal im Jahr an, die aus der Gruppen Ü500 und U 150 machen dies mehr als 12 mal pro Jahr. Als Reaktion auf schwächere Anleiherenditen wählten die befragten Häuser verschiedene Strategien, am häufigsten wurde genannt: Ausweichen auf riskantere Anleihen (eher größere Verwaltungen) und Substitution von Anleihen durch andere Assetklassen. Bei Aktien wurden solche aus Nordamerika (24-28 Prozent) stärker präferiert als Titel aus EU (ohne D.) oder Deutschland. Bei Renten war es gerade umgekehrt: hier war Deutschland vor dem EU-Raum (ohne D.) und Nordamerika favorisiert. Sowohl bei Aktien wie bei Renten spielen auf globaler Ebene auch Fonds eine bevorzugte Rolle.

Die Renditeperformance von Aktien wurde im Aktienjahr 2019, wie nicht anders zu erwarten, am besten benotet, auch bei Gold und Mischfonds wurde die Performance von der Mehrheit für gut befunden, aber gerade alternative Anlagen – Immobilien ausgenommen –, insbesondere die Renditebringer gemäß Yale-Modell, wurden relativ schlecht bewertet (Note 3 oder 4). Dabei fiel die Renditebenotung durch kleinere VV schlechter aus als durch große. Die Median-Rendite bezogen auf die Gesamtheit der Portfolios einer Verwaltung für 2019 vor Steuern wurde mit 12,00 (U150) bis 14,30 (U50) angegeben, die Median-Rendite für Kunden mit 11,00 (U150) bis 14,15 (U50).

Neben der Vermögensverwaltung führen viele der befragten Häuser auch Anlageberatung (um die 40 Prozent pro Kategorie) durch, bieten Family Offices und Stiftungsvermögensverwaltung an (40 Prozent und mehr pro Kategorie, kleine Verwaltungen aber deutlich weniger). Auch Nachfolgeplanung und Immobilienberatung gehört für einen Teil zum Repertoire, wobei das angebotene Spektrum bei größeren Häusern naturgemäß breiter ist als bei kleinen. Mit eigenen Investmentprodukten können bei den U50 rund 18 Prozent, bei den Ü500 aber 73 Prozent aufwarten. Bei der Mandantenschaft, so gaben die Verwaltungen an, werden die eignen Produkte mit Anteilen im einstelligen Prozentbereich herangezogen, bei den U50 machen sie aufgrund seltenerer Gelegenheit nur 1 Prozent aus.

Die Mehrheit der Verwaltungen bietet keine umfassende Finanzplanung an, insbesondere große Verwaltungen sind in dieser Disziplin nicht engagiert. Über eigene Kompetenz in Immobilienfragen berichteten rund 25 Prozent der Häuser, in Versicherungsfragen fühlten sich weniger als 20 Prozent einschlägig kompetent.

 

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