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Trends in der Vermögensverwaltung

Redaktion -

Trends der Vermögensverwaltung sind Entwicklungen der längeren Frist. Die jährlich erscheinenden Studien verschiedener Berater zu diesem Thema berichten daher meist nicht grundlegend Überraschendes. Variation erfolgt über Auswahl, Gewichtung, innere Differenzierung, jährliche Ausprägung, und vielleicht regionale Schwerpunktbildung. Gerne werden dabei 10 Top-Trends präsentiert. Das liegt weniger an der Natur der Sache als letzten Endes an der Natur der menschlichen Hand. Die wichtigsten 10 Trends ermittelte für 2023 auch das auf IT spezialisierte französische Beratungsunternehmen Capgemini (Wealth Management, Top Trends 2023). Und 10 Trends präsentiert auch der in New York City ansässige Strategieberater OIiver Wyman (Ten Trends for Wealth Management in 2023). Wir geben hier die Trends thematisch kurz wieder, die sich wegen Schnittmengenbildung aber nicht vollständig addieren.

Produkte / Assets

Zu den großen Trends 2023 gehört für Capgemini weiterhin Nachhaltigkeit. Hier werde auch 2023 der Kampf gegen „Greenwashing“ ganz oben auf der Agenda stehen. Treiber seien nach wie vor institutionell Kunden. Noch mehr aber die politischen Instanzen, die ihre Regulierungen weiter vorantreiben würden. Capgemini sieht hier Europa als globalen Vorreiter.

Eine Entwicklung, die sich aus Sicht von Capgemini und Oliver Wyman 2023 verstärken werde, ist die Nachfrage nach alternativen Assets, die Suche nach Nischen und Themen. Gerade vermögende Kunden, deren Portfolios bisher stärker konzentriert gewesen seien, würden 2023 solche Segmente stärker nutzen wollen.

Beide Berater prognostizieren, dass, ausgehend von den USA und UK, aufgrund der erleichterten Zugangsmöglichkeiten Private Markets auch in Europa auf dem Vormarsch seien.

Capgemini hebt das große Potential digitaler Assets hervor, die sich von ihrer Herkunft aus der Kryptowährungswelt zunehmend abnabeln.

Schließlich erwartet Capgemini auch in diesem Jahr wachsendes Anlegerinteresse für Direct Indexing, das u.a. durch Digitalisierung und gefallene Transaktionskosten angetrieben werde.

Kundensegmente

Beide Beratungen sehen im Kundensegment zwischen den Anlegern mit großem Vermögen und den Retail-Kunden einen wachsenden Massenmarkt für Vermögensverwaltungen. Für Capgemini ist es die Vermögensklasse zwischen 0,25 bis 1 Mio. Euro, für Oliver Wyman die Gruppe zwischen 0,3 und 5 Mio. USD. In diesem Segment seien außerdem, so Oliver Wyman, die Chancen für den Einsatz hybrider Modelle, die digitale und persönliche Interaktion integrieren, sehr gut.

Beide Reports sprechen die wachsende Bedeutung von Frauen als Kundinnen an. Vermögensverwaltungen müssten sich hier auf Unterschieden zu Männern einstellen, etwa im Hinblick auf Risikoaversion oder Beratungsbedarfe.

Dienstleistungen / Technik

Zu den Trends bei den Dienstleistungen, die Vermögensverwaltungen vor allem in den USA in Anspruch nehmen, zählt Capgemini „Outsoured Chief Investment Officer (OCIO) Services“: Diese sich auch 2023 fortsetzende Entwicklung sei eine Reaktion auf die wachsende Komplexität der Assetlandschaft und auf erhöhte Unsicherheit. Beides werde vermehrt durch Rückgriff auf externe Kompetenz bewältigt, zumal das häufig die kostengünstigere Lösung sei.

Oliver Wyman glaubt, dass das veränderte Investment-Umfeld und erhöhte Unsicherheit auch 2023 den Beratungsbedarf von Kundenseite hoch halte, was entsprechende Kapazitäten erfordere. Capgemini wiederum prognostiziert, dass Digitalisierung bzw. Automatisierung Berater deutlich entlasten würden. Weiterhin sieht Capgemini bei Vermögensverwaltungen wachsendes Interesse an Künstlicher Intelligenz und Lernenden Maschinen. Mit zunehmender Digitalisierung werde auch Cybersicherheit immer wichtiger.

Oliver Wyman rechnet die Partnerschaft von Vermögensverwaltungen mit Technologieunternehmen zur Nutzung avancierter KI-Technologie für maßgeschneiderte Kundenlösungen (Wealth as a Service) zu den Trends des Jahres. Auch die Ausrichtung von betrieblichen Vermögensseminaren durch Vermögensverwaltungen mit der Chance, Kunden direkt zu akquirieren, gehört für Oliver Wyman zu den Top Trends.

Capgemini sagt voraus, dass Family Offices mit ihrem ganzheitlichen, auf die ganz lange Frist gerichteten Ansatz bei vermögenden Kunden weiter an Popularität gewinnen werden.

Preise und Kosten

WO befasst sich näher mit der Preis- und Kostenseite der Vermögensverwaltung. Diesem Thema hat das New Yorker Beraterhaus 3 der 10 diesjährigen Trends gewidmet. Einer ist, dass gerade große Investoren an steigenden Einlagenzinsen partizipieren wollen, was die hier zunächst gegebenen Gewinnspielräume für Vermögensverwaltungen unter Druck setzen werde. Vermögensverwaltungen müssten generell ihr Preismanagement überdenken, insbesondere seien bisherige Rabatte nicht mehr aufrechtzuerhalten. Auch würden in Zukunft langsamer wachsende Vermögen den Kostendruck erhöhen.

Konsolidierung

Beide Beratungsunternehmen erwarten für 2023 die Fortsetzung der Konsolidierung der Branche. Private Equity habe in den USA eine Konsolidierungswelle Unabhängiger ausgelöst.  Mergers & Acquisitions ermöglichten es zudem, neue Kundensegmente zu erschließen und mehr Produkte anzubieten. Gerade unabhängige Vermögensverwaltungen könnten damit auf den starken Kosten- und Regulierungsdruck und Probleme der Nachfolgeregelung reagieren.

Schluss

Die beiden Reports, die unserem kurzen Überblick zugrunde liegen, sind international ausgerichtet, teils auch mit Schwerpunkt USA. Zu fragen wäre also, wie stark sich die angeführten Trends auch in Deutschland bemerkbar machen.

Ein Trend, über den hierzulande viel gesprochen wird, ist die Konsolidierung des Marktes der unabhängigen Vermögensverwalter. Dazu hat die Pro Boutiquenfonds GmbH Zahlen aufbereitet. In einem separaten Beitrag in dieser Ausgabe zeigen die Berater aus Frankfurt, dass der Prozess der Konsolidierung in Deutschland differenziert zu betrachten ist. Die Anzahl der Lizenzen ist zwar zurückgegangen, der Marktanteil der Unabhängigen Verwaltungen am Gesamtanlagevermögen hat sich aber fast stetig erhöht (siehe Beitrag „Was macht eigentlich die Konsolidierungswelle?“ in dieser Ausgabe).

Eng mit der Konsolidierung hängt das Problem der Nachfolgeregelung zusammen. Die Reaktionen darauf sind in Deutschland unterschiedlich. Manche Verwalter entscheiden sich für die Rückgabe ihrer Lizenz. Andere sehen in einer Fusion die beste Lösung.

Ein Beispiel für Letzteres ist der Zusammenschluss von Huber Reuss und Kollegen mit Lunis. In unserem Gespräch mit Christian Fischl von HRK reden wir auch darüber (siehe Interview: „Nach jedem Regen folgt auch wieder Sonnenschein“ in dieser Ausgabe).

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