Value-Kolumne

Wenn Dividendenzahlungen keinen Sinn machen

Kolumnist -

Es ist Mai. Wie jedes Jahr der Wonnemonat für alle Dividendenjäger. Die Aktionäre deutscher Börsenkonzerne können für das abgelaufene Geschäftsjahr mit einer Rekordsumme an Dividenden rechnen. Die Aktiengesellschaften in Deutschland wollen in diesem Jahr insgesamt rund 75 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner ausschütten - 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Das geht aus Berechnungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und des „Institutes for Strategic Finance“ (isf) hervor.

Vor allem Aktionäre der DAX-Konzerne profitieren vom Dividendensegen. Die 40 Konzerne der obersten deutschen Börsenliga schütten geschätzt 52,5 Milliarden Euro aus und steuern damit den Hauptteil des Geldes bei. Allein die drei Autobauer Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen kommen zusammen auf rund 15,5 Milliarden Euro.

Jedoch: Sind Dividendenzahlungen überhaupt sinnvoll? Für diejenigen, die sich über den warmen Geldregen für ihren privaten Konsum oder zur Aufstockung ihrer Rente freuen oder solche die durch Geschäftszweck auf Ausschüttungen setzen, vielleicht. Und doch erleiden sie damit einen Vermögensrückgang.

Vermögensverlust durch Dividenden-Ausschüttungen

Wir halten den Fokus auf Dividendenzahlungen aus mehreren Gründen für die unterlegene Investmentstrategie. Zum einen sollen die Unternehmen erst einmal ihre Schulden abbauen, bevor sie ihren Aktionären Geld zurückgeben. Eine gewisse Verschuldung macht in manchen Fällen Sinn. Aber wenn für neue Investitionen Geld aufgenommen und gleichzeitig eine Dividende gezahlt wird, erschließt sich uns dies nicht. Wir mögen es eher, wenn die Unternehmen Aktien zurückkaufen. Davon haben alle Aktionäre etwas.

Dann das Thema Besteuerung. Dividenden unterliegen der Kapitalertragssteuer. Und die ist europaweit nicht einheitlich festgelegt. In Deutschland sind es 25 Prozent, in Italien 35 Prozent. Die bekommt man als Anleger zwar zurück, aber die Rückforderung ist aufwendig, kostenintensiv und die Wartezeit bis zur Erstattung sehr lang – in Italien wartet man darauf manchmal zwei Jahre. Durch das Doppelbesteuerungsabkommen innerhalb der Europäischen Union gilt zudem immer der Prozentsatz des Landes, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat.

Deshalb ist es für die Aktionäre viel angenehmer, wenn die Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen. Damit verteilt sich der Gewinn auf eine geringere Anzahl ausgegebener Aktien, und die Earnings per Share (EPS) erhöhen sich. Der Wert der einzelnen Aktie steigt. Doch die Konzerne sagen oft: Zu große Rückkaufprogramme wollen wir nicht durchführen, denn dadurch ändern wir die Eigentümerstruktur. Nun, dazu kann man stehen, wie man will, aber in sich ist es nicht schlüssig.

Die Dividenden-Rendite ist für uns kein Selektionskriterium

Das nächste Problem ergibt sich für diejenigen Anleger, die das Geld nicht verbrauchen wollen. Was macht man mit dem Geld? Man legt es wieder an. Und zwar zumeist im selben Unternehmen, um die Struktur des Portfolios nicht zu verändern, also kein Ungleichgewicht zu schaffen. Und das ist teuer, denn wie in jedem Privatportfolio belasten die Transaktionskosten und die Steuern die Rendite.

All dies spricht aus unserer Sicht gegen Dividendenzahlungen. Die Dividendenrendite ist daher für uns kein Selektionskriterium, auch wenn die durchschnittliche Dividendenrendite im aktuellen Portfolio über 4 Prozent beträgt.

Allerdings bleibt der Einwand, dass Aktienrückkäufe um jeden Preis auch nicht immer sinnvoll sind. Denn es besteht bei den Managern der Unternehmen häufig die Gefahr von Over-Confidence. Gerade wenn es den Unternehmen gut geht. Dann werden oft Entscheidungen getroffen mit der Gefahr, zu teuer einzukaufen. Möglicherweise werden Aktien auf Teufel komm raus gekauft, egal wie hoch diese schon bewertet sind. Doch das ist aus unserer Sicht immer noch besser, als wenn das Unternehmen eine zu hoch bewertete Akquisition vornimmt. Dann lieber den eigenen Aktionären das Geld zukommen lassen, als es überteuert an Dritte zu geben.

Vorbild US-Unternehmen

Vielleicht könnten sich die europäischen und damit auch die deutschen Unternehmen ein Beispiel an den US-amerikanischen Unternehmen nehmen. Nach Angaben von LPL Financial werden sich die Gesamtausgaben für Aktienrückkäufe von den S&P-500-Unternehmen in diesem Jahr auf 900 Milliarden US-Dollar belaufen. Das ist nur geringfügig weniger als 2022, als die Unternehmen 922 Milliarden US-Dollar ausgaben. Geld, das den Aktionären direkt zugutekommt.

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds

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